Gesundheit heute

Analkarzinom

Analkarzinom: Bösartiger Tumor am Analrand oder im Analkanal. Das Analkarzinom entsteht in etwa 80 % der Fälle im Zusammenhang mit einer Infektion durch Humane Papilloma-Viren (HPV). Diese Viren werden sexuell übertragen und sind auch für den Gebärmutterhalskrebs verantwortlich. Analrandkarzinome sind bei Männern häufiger, Analkanalkarzinome bei Frauen. Kleine Tumoren im Analkanal oder Tumoren am Analrand werden komplett exzidiert, größere Tumoren zunächst bestrahlt und chemotherapiert. In manchen Fällen müssen die Ärzte Rektum und Anus aber auch komplett entfernen (Rektumamputation). Bei früher Diagnose ist die Prognose gut.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Juckreiz, Brennen, Nässen
  • Blutungen
  • Schmerzen, Fremdkörpergefühl im Analbereich
  • Verformter Stuhl
  • Veränderte Stuhlgewohnheiten, Wechsel zwischen Verstopfung und Durchfall.

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen bei

  • oben genannten Symptomen.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung, Ursachen und Risikofaktoren

Das Analkarzinom entsteht aus den Zellen in der Umgebung des Afters oder innerhalb des Analkanals. Meist verändern sich die Zellen langsam über Zwischenstufen, bis sie letztendlich zu Krebszellen geworden sind. Am häufigsten kommen dabei Plattenepithelkarzinome vor. Warum die Zellen entarten, ist noch unklar. Es sind aber Risikofaktoren bekannt:

  • HPV-Infektion. Wichtigster Risikofaktor ist die Infektion mit humanen Papillomaviren. Bis zu 85 % der Patienten mit einem Analkarzinom sind mit HPV infiziert. Vor allem die Typen HPV 16, 18 und 31 führen zu Karzinomen.
  • Analverkehr. Übertragen werden HPV durch Geschlechtsverkehr, vor allem passiver (empfangender) Analverkehr ist ein wichtiger Risikofaktor.
  • Geschwächtes Immunsystem, z. B. durch therapeutische Unterdrückung des Immunsystems nach einer Organtransplantation oder zur Behandlung von Autoimmunerkrankungen sowie bei einer HIV-Infektion.
  • Rauchen.

Klinik

Beschwerden macht ein Analkarzinom häufig erst spät. Es kommt zu Nässen, Jucken und Schmerzen beim Stuhlgang. Manchmal blutet der Patient auch aus dem Anus oder er spürt ein Fremdkörpergefühl. Engt der Tumor den Analkanal ein, wird häufig der Stuhl verformt (sehr dünner Stuhl, sogenannter Bleistiftstuhl). Daneben verändert der Krebs oft die Stuhlgewohnheiten oder führt zu einer Stuhlinkontinenz.

In etwa 20 % der Fälle wird ein Analkarzinom zufällig entdeckt, z. B. wenn der Arzt den Anus aufgrund anderer Erkrankungen inspiziert, eine Koloskopie erfolgt oder eine Gewebeprobe vom Anus untersucht wird.

Diagnosesicherung

Bei der körperlichen Untersuchung untersucht der Arzt den Anus und tastet den Enddarm vorsichtig aus. Dabei lassen sich Tumoren oder Geschwüre oft schon gut erkennen. Besonders wichtig ist die Entnahme von Gewebeproben, die feingeweblich untersucht werden. Diese Gewebeproben entnimmt der Arzt meist bei der Proktoskopie. Zur Basisuntersuchung gehört auch das Abtasten der Leistenlymphknoten.

Wie weit sich ein Tumor ausgebreitet hat, ob bzw. welche Lymphknoten befallen sind oder sogar schon Fernmetastasen vorliegen, erkennt der Arzt mithilfe von

  • Rektaler Endosonografie
  • CT oder MRT des Beckens
  • Ultraschall Bauch
  • Röntgen oder CT des Brustkorbs (Thorax).

Differenzialdiagnosen. Hämorrhoiden, Marisken, Rektumkarzinom, Feigwarzen, Morbus Bowen (siehe seltene Tumoren der Haut).

Behandlung

Die Therapie ist davon abhängig, wie sehr der Tumor ausgedehnt ist und wie stark die Zellen entartet sind.

  • Kleine (unter 2 cm große) Tumoren am Analrand, die keine Metastasen gestreut haben, exzidieren Ärzte mit 1 cm Sicherheitsabstand lokal, d. h. sie schneiden die Tumoren heraus. Dies ist in etwa einem Drittel der Analkarzinome möglich.
  • Alle anderen Tumoren behandeln die Ärzte zunächst mit einer kombinierten Therapie aus Bestrahlung über ca. 7 Wochen und Chemotherapie (Radiochemotherapie). Als Chemotherapeutika werden meist 5-FU (5-Fluoruracil) und Mitomycin C verabreicht.
  • Bleiben nach der Radiochemotherapie Tumorreste bestehen, erfolgt eine Operation (Rektumamputation, auch Rektumexstirpation genannt). Dabei entfernen die Ärzte Rektum samt Anus und legen einen künstlichen Darmausgang an, um den Stuhl nach außen abzuleiten. Die Rektumamputation erfolgt in der Hälfte der Fälle laparoskopisch. Bei Patienten, die Verwachsungen im Bauch haben oder in schlechtem Allgemeinzustand sind, bevorzugen die Ärzte allerdings die Operation über einen konventionellen Bauchschnitt.
  • Weit fortgeschrittene Tumoren, die z. B. in die Nachbarschaft eingewachsen sind, werden nach einer präoperativen Radiochemotherapie ebenfalls durch eine Rektumamputation behandelt.

Nachsorge

Die regelmäßige Nachsorge ist beim Analkarzinom entscheidend und erfolgt nach einem festgelegten Schema:

  • Erste Kontrolluntersuchung nach 8 Wochen
  • Ab dem 3. Monat alle 3 Monate
  • Ab dem 12. Monat alle 6 Monate
  • Ab dem 24. Monat alle 12 Monate bis zum 60. Monat nach der Behandlung.

Zu den Untersuchungen gehören vor allem die klinische Untersuchung, eine Rekto-/Proktoskopie sowie die rektale Endosonografie. Nach 3 Monaten erfolgt außerdem eine Kontrollbiopsie. Nach einem halben Jahr kommen jährliche Ultraschalluntersuchungen des Bauchraums, Röntgenaufnahmen des Brustkorbs und CT- bzw. MRT-Aufnahmen vom Becken dazu.

Prognose

Je früher das Analkarzinom entdeckt wird, desto besser ist die Prognose.

  • Bei lokal herausoperierbaren Tumoren beträgt die 5-Jahres-Überlebensrate 100 %.
  • Bei Tumoren, die mit einer Radiochemotherapie behandelt werden können, beträgt die 5-Jahres-Überlebensrateit 80%.
  • Bei nur durch Amputation von Rektum und Anus zu entfernenden Tumoren beträgt die 5-Jahres-Überlebensrate 40–70 %.

Ihr Apotheker empfiehlt

Prävention

Vorbeugen ist beim Analkarzinom gut möglich:

  • HPV-Impfung. Die HPV-Impfung wird von der STIKO inzwischen für Mädchen und Jungen vor dem ersten Geschlechtsverkehr empfohlen und soll im Alter von 9–14 Jahren erfolgen. Seit September 2018 übernehmen die Kassen auch die Kosten der Impfung für Jungen.
  • Safer Sex, also Benutzung von Kondomen.

Von: Dr. med. Arne Schäffler, Dr. med. Sonja Kempinski in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Was bringen Darm-Ökogramme?

Der Mikrokosmos Darm birgt Billionen von Keimen.

Was bringen Darm-Ökogramme?

Der Flora auf der Spur

Die Darmflora ist seit geraumer Zeit als Dreh- und Angelpunkt für Erkrankungen und Befindlichkeitsstörungen in aller Munde. Kein Wunder, dass Angebote für „persönliche Darm-Ökogramme“ nur so aus dem Boden schießen. Doch was bringt die – meist teure — Bakteriensuche im Stuhl?

Billionen von Keimen im Darm-Dienst

Bis zu 2 kg Bakterien trägt ein Erwachsener in seinem Darm mit sich herum. In Zahlen sind das etwa 80 Billionen Keime, die zu mindestens 500 bis 1000 verschiedenen Arten gehören. Diese Armada von Mikroben spielt eine bedeutende Rolle für den Organismus. Sie unterstützt die Verdauung, produziert Vitamine, neutralisiert giftige Substanzen und trägt zur Immunabwehr bei.

Eine gestörte Darmflora wird deshalb auch immer häufiger mit Erkrankungen in Verbindung gebracht. Typisches Beispiel ist die antibiotika-assoziierte Diarrhö, bei der die natürliche Darmflora durch Antibiotika reduziert und der Darm von krankhaften Keimen überwuchert wird, wodurch es zu Durchfällen kommt. Eine Veränderung der Zusammensetzung der Darmflora (die sogenannte Dysbiose) soll auch z. B. mit Rheuma und Allergien in Zusammenhang stehen – die genauen Krankheitsmechanismen sind aber noch unklar.

Lukrative Darmflora

In letzter Zeit wird die Dysbiose jedoch nicht nur von Ärzten erforscht und diskutiert. Auch geschäftstüchtige Anbieter haben sich des Themas angenommen und versuchen, aus den Darmbakterien Profit zu schlagen. Sowohl Darm-Ökogramme, d.h. Untersuchungen der Darmflora mit Hilfe von Stuhlproben, als auch die danach ausgesprochenen Ernährungsempfehlungen mit Probiotika stehen bei Menschen mit Befindlichkeitsstörungen oder Krankheiten hoch im Kurs. Doch Experten sehen diese „Darm-Ökogramme“ aus mehreren Gründen kritisch:

  • Viele Krankheiten können zu einer reduzierten Vielfalt der Darmflora führen. Eine solche reduzierte Diversität des Mikrobioms (so der Fachausdruck für eine verringerte Anzahl von Bakterienarten) ist aber unspezifisch und kein Beweis für eine bestimmte Krankheit. Außerdem ist eine Veränderung der Darmflora nicht immer krankhaft. 
  • Die von Anbietern solcher Darm-Ökogramme angegebenen „Normbereiche“ und entsprechende Abweichungen davon sind nicht evidenzbasiert (d.h. es gibt keine ausreichenden Studien dazu) und lassen deshalb keine therapeutischen Ernährungsempfehlungen zu. 
  • Auch die gezielte Suche nach einzelnen „guten“ Stämmen und die daraus resultierende probiotischen Empfehlungen sind fragwürdig, da völlig unklar ist, wie viele solcher guter Bakterien „normal“ sind. •
  • Ebenso fraglich ist es, ob die nach einem Darm-Ökogramm empfohlenen Probiotika überhaupt in der Lage sind, sich in im Darm anzusiedeln und die Darmflora nachhaltig zu beeinflussen.

Für die klinische Diagnostik gastrointestinaler Erkrankungen haben Darm-Ökogramme derzeit keinen Stellenwert, resümierte deshalb auch die Gastroenterologin Viola Andresen beim Praxis Update 2020. Ein sinnvoller Einsatz könnte jedoch in Zukunft die fäkale Stuhltransplantation sein, um die Darmflora des Spenders mit der des Empfängers zu vergleichen und dadurch eine passenden Spender zu finden. Menschen jedoch, die der Ursache für Ihre Darmbeschwerden mit einem Darm-Ökogramm auf die Spur kommen wollen, können sich die Kosten für diese Untersuchung besser sparen.

Quelle: Springer Medizin

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: sdecoret/Shutterstock.com