Gesundheit heute

Einweisung und Aufenthalt in psychiatrische Kliniken

In der Regel stellt der Hausarzt, der niedergelassene Psychiater oder Psychotherapeut eine Einweisung in eine Klinik aus. Bei den meisten Patienten erfolgt die Aufnahme in eine psychiatrische Klinik freiwillig. Da die Motivation des Patienten Grundvoraussetzung für den Therapieerfolg ist, hat es wenig Sinn, jemanden zu dieser Maßnahme zu zwingen.

Eine Einweisung gegen den Willen des Patienten ist nur möglich (dann aber natürlich zwingend erforderlich), wenn eine akute und erhebliche Selbst- oder Fremdgefährdung vorliegt und keine andere Möglichkeit mehr besteht, den Erkrankten oder seine Umgebung durch weniger einschneidende Maßnahmen zu schützen. Die gesetzlichen Grundlagen hierfür legt das Unterbringungsgesetz (Bayern, Baden-Württemberg, Saarland) bzw. das Gesetz für psychisch Kranke (PsychKG, restliche Bundesländer) fest.

Erst recht tun sich Angehörige schwer, zumal Zwangsmaßnahmen das Vertrauen erheblich belasten. Auf der anderen Seite können und dürfen Sie nicht tatenlos zusehen, wenn Sie Gefährdungen befürchten oder ernsthafte Selbstmordabsichten bemerken:

  • Sofern es die Zeit erlaubt, rufen Sie den Notarzt! Schildern Sie die Problematik, damit die Leitstelle Fachärzte schicken kann, um den Patienten einzuschätzen und über weitere Maßnahmen zu entscheiden. Falls der Notarzt eine Einweisung für erforderlich hält, der Patient dies aber verweigert, wird er die Polizei zur Hilfe rufen.
  • Besteht akute Gefahr (z. B. durch Handgreiflichkeiten oder weil sich der Betroffene unter Selbstmorddrohungen eingeschlossen hat), so rufen Sie unverzüglich die Polizei und den Notarzt.
  • Versuchen Sie bis zum Eintreffen der Hilfe mit dem Patienten in Kontakt zu bleiben, ihn zu beruhigen und abzulenken. Personen, die den Patienten reizen (die er z. B. angegriffen hat), sollten den Raum oder das Umfeld verlassen.

Bei einer stationären (und nicht freiwilligen) Unterbringung sieht das Gesetz vor, dass der Patient innerhalb von 24 Stunden von einem Facharzt begutachtet und – bei Fortbestehen der Gefährdung – eine richterliche Verfügung erwirkt werden muss. Diese muss spätestens bis zum Ende des auf die Zwangseinweisung folgenden Tages vorliegen. Ergeht eine richterliche Anordnung nicht binnen dieser Frist, muss die Klinik den Patienten entlassen. Ist nach ärztlicher Einschätzung jedoch immer noch eine erhebliche Gefährdung gegeben oder flackert diese wieder akut auf, so können auch Behandlungsmaßnahmen (meist medikamentöser Art) gegen den Willen des Patienten vorgenommen werden. Es liegt dann – nach §34 des Strafgesetzbuchs – ein „rechtfertigender Notstand“ vor.

Von: Dr. med. Arne Schäffler, Gisela Finke in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Ketamin als Stimmungsaufheller?

Eine Ketamininfusion kann bei schweren Depressionen vorübergehend die Stimmung heben.

Ketamin als Stimmungsaufheller?

Kein Langzeiteffekt

Depressionen sind manchmal schwer zu behandeln. Große Hoffnungen wurden auf die Infusion von Ketamin gesetzt. Nun zeigt sich aber, dass diese Behandlung wahrscheinlich keinen Langzeiteffekt hat.

Schwierige Therapie bei Depressionen

Die Behandlung von Menschen mit schweren Depressionen ist schwierig. Denn bei bis zu einem Drittel der Betroffenen schlagen die üblichen Antidepressiva nicht oder nur unzureichend an. Eine zusätzliche Option zu Antidepressiva ist die Infusion des Medikaments Ketamin. Kurzfristig lassen sich damit in der Praxis gute Ergebnisse erzielen. Leider ist die Stimmungsaufhellung nicht von Dauer, nach wenigen Tagen ist der Ausgangszustand wieder erreicht. Um die Stimmung auf Dauer zu verbessern, geben viele Ärzt*innen ihren Patient*innen daher wiederholt Ketamin über die Vene. Aber ist das überhaupt sinnvoll?

Ketamin-Therapie auf dem Prüfstand

Irische Forschende haben an 65 Erkrankten den Effekt wiederholter Ketamin-Infusionen untersucht. Alle Studienteilnehmer*innen wurden stationär wegen Depression behandelt. Dabei verglichen sie die die Ketamininfusionen mit der Infusion von Midazolam. Dieses Medikament wirkt wie Ketamin beruhigend und beeinflusst die Wahrnehmung ähnlich. Zusätzlich bekamen die Patient*innen ihre üblichen Medikamente.

Sinnvolle Behandlungsoption?

Die Studie wurde randomisiert verblindet durchgeführt. Das heißt, dass den Patient*innen und Behandelnden im Vorhinein nicht mitgeteilt wurde, welches Medikament sie erhalten. Die Ergebnisse der Studie waren ernüchternd: Weder in der ärztlichen Beurteilung noch aus Patient*innensicht waren langfristig irgendwelche Unterschiede zwischen den Medikamenten zu bemerken. Allenfalls während der Infusion selbst konnte Ketamin ein wenig Euphorie hervorrufen, während Midazolam etwas mehr müde machte. Ansonsten waren beide Medikamente vergleichbar - sowohl in Bezug auf die Verträglichkeit, als auch auf Lebensqualität, Konzentrationsfähigkeit und Kosten. Die Studie stellt also in Frage, ob die wiederholte Ketamin-Infusion wirklich eine sinnvolle Therapieoption bei schweren Depressionen ist.

Quellen

Von: Christine Sladky; Bild: mauritius images / SeventyFour Images / Alamy / Alamy Stock Photos