Gesundheit heute

Lebensmittelzusatzstoffe

In der EU sind rund 300 Lebensmittelzusatzstoffe zugelassen, mit denen die Lebensmittelindustrie Haltbarkeit, Aussehen und Geschmack ihrer Produkte optimiert. Für sie gelten europaweit einheitliche E-Nummern. Statt der Nummer kann bzw. muss teilweise auch der Name oder die Klasse (z. B. Säuerungsmittel oder Konservierungsstoff) in der Zutatenliste angegeben werden.

Zusatzstoffe müssen mehrere Zulassungsvoraussetzungen erfüllen. Sie müssen gesundheitlich unbedenklich und technisch notwendig sein, und der Verbraucher darf durch ihre Verwendung nicht getäuscht werden. Da immer noch wenig über die Wirkung einzelner Stoffe im menschlichen Körper bekannt ist und man noch weniger über die Wechselwirkungen mit anderen Zusatzstoffen oder z. B. Medikamenten weiß, kann ein gesundheitliches Risiko nicht immer ausgeschlossen werden. In der Praxis findet häufig eine Kosten-Nutzen-Abwägung statt.

Ob unbedenklich oder potenziell gefährlich: Fest steht in jedem Fall, dass mit der Anzahl verschiedener Stoffe auch die Wahrscheinlichkeit steigt, dass körperliche Reaktionen wie z. B. eine Allergie auftreten. Außerdem haben die Zusatzstoffe keinen positiven Effekt auf unsere Ernährung – sie zu vermeiden, ist also immer sinnvoll.

Farbstoffe. Die Bedeutung der früher verwendeten chemisch-synthetischen Lebensmittelfarbstoffe hat in den vergangenen Jahren abgenommen, sie werden heute zunehmend durch Farbextrakte oder färbende Lebensmittel auf natürlicher Basis ersetzt. Einige umstrittene Stoffe wie der als Allergieauslöser verdächtigte gelbe Farbstoff Tartrazin (E 102) oder das in den USA als krebsfördernd verbotene Amaranth (E 123) finden sich daher nur noch selten auf der Zutatenliste. Gefärbt wird jedoch immer noch kräftig. Teilweise sind wir bereits so sehr an die kräftigen künstlichen Farben gewohnt, dass uns Naturprodukte (z. B. der Dotter von Bio-Eiern) im Verhältnis dazu blass vorkommen.

Geschmacksverstärker. Nicht nur die Farbe, auch der Geschmack lässt sich anpassen. Die meisten Geschmacksverstärker haben keinen ausgeprägten Eigengeschmack, sie sensibilisieren jedoch die Geschmackspapillen auf der Zunge und sorgen dafür, dass der Geschmack intensiver wahrgenommen wird. Das bekannteste Beispiel ist Glutamat (genauer Mononatriumglutamat, englisch Mono Sodium Glutamate), das auch als E 621, Hefeextrakt, Würzmittel oder Geschmacksverstärker deklariert werden darf. Sehr würzige Nahrungsmittel wie Kartoffelchips und Fertiggerichte enthalten besonders viel Glutamat. Glutamat gilt als appetitfördernd und steht im Verdacht, das Chinarestaurant-Syndrom mit Mundtrockenheit, Kopfschmerzen, Jucken und Hitzegefühl auszulösen – ein Beweis dafür fehlt jedoch. Eine schädliche Wirkung ist auch deshalb unwahrscheinlich, da Glutaminsäure eine Aminosäure ist. Aus Medizinersicht spricht derzeit daher nichts gegen einen gelegentlichen Konsum – allerdings ist die Frage berechtigt, ob unsere Kost wirklich so fade ist, dass sie Geschmacksverstärker braucht.

Konservierungsstoffe. Konservierungsstoffe (Konservierungsmittel) werden mittlerweile ebenfalls behutsamer eingesetzt. Teilweise lässt sich ihr Einsatz nicht umgehen, da sie leicht verderbliche Waren frisch halten und so auch gefährliche Erkrankungen wie Botulismus, eine Sonderform der Lebensmittelvergiftung, oder Listeriose vermeiden helfen. Andererseits ermöglichen sie unnötig lange Transportwege und Lagerzeiten sowie mehr Nachlässigkeit während der Herstellung.

Einige Konservierungsstoffe stehen unter Verdacht, gesundheitlich unerwünschte Nebenwirkungen zu haben, z. B. reagieren manche Allergiker, Asthmatiker oder Migräne-Patienten auf Benzoesäure (E 210) und chemisch ähnliche Verbindungen (E 210–219). Wenn Früchte oder Käse mit Konservierungsstoffen wie Biphenyl (E 230) bzw. Natamycin (E 235) behandelt wurden, sollte die Schale bzw. Rinde nicht mitgegessen werden. Auch das Pökeln von Fleisch- und Wurstwaren mit Nitritsalzen (Nitratsalze, E 250–252) könnte gesundheitliche Probleme nach sich ziehen, weil sich Nitrite im Magen mit Eiweißabbauprodukten verbinden können – die so entstehenden Nitrosamine sind zumindest in Tierversuchen krebsfördernd.

Konservierungsstoffe müssen mit der Gattungsbezeichnung, dem Namen und der E-Nummer auf der Zutatenliste erwähnt werden. Diese Angabe können Hersteller jedoch weglassen, wenn Konservierungsstoffe in Einzelzutaten des Lebensmittels enthalten sind. „Ohne Zusatz von Konservierungsstoffen“ heißt also nicht automatisch frei von Konservierungsstoffen.

Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe. Süßstoffe wie Aspartam (E 951), Cyclamat oder Saccharin (E 954) sind deutlich süßer als normaler Zucker, liefern aber – außer Aspartam – praktisch keine Kalorien. Dennoch scheinen sie in der Praxis nicht zur Kalorieneinsparung zu führen. Folgt man aktuellen Studien, wirken sie sogar appetitfördernd und tragen bei regelmäßigem hohem Konsum zur Entstehung von Diabetes mellitus und metabolischem Syndrom bei. 

Zuckeraustauschstoffe wie Sorbit (E 420), Lactit (E 966) oder Xylit (E 967) haben zwar nur etwa halb so viele Kalorien wie Haushaltszucker, sind aber mit Ausnahme von Xylit auch nur halb so süß. Wie der Zucker, den sie ersetzen sollen, führen sie zu einer Insulinantwort, d. h., der Körper schüttet nach ihrem Genuss Insulin aus – und das sorgt nach Abfall des Insulinspiegels für erneuten Hunger. Auch führt zu viel Zuckeraustauschstoff zu Blähungen und wirkt abführend. Darüber hinaus begünstigt ein regelmäßiger hoher Konsum von Zuckeraustauschstoffen die Entstehung von Gicht, Fettleber und Adipositas. 

Nach neuen Ernährungsempfehlungen sollten daher nicht nur Zucker, sondern auch Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe nur maßvoll verwendet werden. Wie viel genau als Höchstmenge ohne Risiko ist, hat die EFSA (European Food Safety Authrity) für verschiedene Lebensmittel festgelegt. 

Leider werden seit Dezember 2014 Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe auf der Zutatenliste von Lebensmitteln unter dem Begriff „Süßungsmittel“ zusammengefasst. Für Verbraucher wird es dadurch schwerer, zwischen Süßstoff (Zuckerersatzstoff) und Zuckeraustauschstoff zu unterscheiden. Nur die sogenannte E-Nummer auf der Zutatenliste gibt Auskunft darüber, was konkret zugefügt wurde.

Von: Dr. med. Herbert Renz-Polster in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
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Kind bezahlt mit späterer Krankheit

Wer seinem Baby Gutes tun möchte, beschränkt seinen Zuckerkonsum in der Schwangerschaft.

Kind bezahlt mit späterer Krankheit

Zuviel Zucker in der Schwangerschaft

Die Zeit von der Empfängnis bis zum zweiten Geburtstag ist entscheidend für die gesunde Entwicklung eines Kindes. Erhält es währenddessen zu hohe Mengen Zucker, drohen später Typ-2-Diabetes und Bluthochdruck.

Rationierung nach dem 2. Weltkrieg

Die ersten 1000 Tage im Leben eines Kindes gelten als eine ganz besonders sensible Phase für die gesundheitliche Entwicklung eines Kindes. Das ist zwar schon lange bekannt, wird aber zu selten beachtet. Eine aktuelle britische Studie untermauert nun eindrucksvoll, wie schwerwiegend die Folgen schlechter Ernährung in diesem Zeitraum sind.

Untersucht wurden darin Personen, die kurz nach dem Zweiten Weltkrieg in Großbritannien geboren worden waren. In dieser Zeit gab es dort eine staatliche Zuckerrationierung. Für Erwachsene – also auch für werdende Mütter – waren täglich maximal 40 g Zucker erlaubt.

Seltener Diabetes und Hochdruck

Das hatte positive Folgen für die Gesundheit: Die Kinder, die dadurch als Ungeborene weniger Zucker aufgenommen hatten, entwickelten im Erwachsenenalter deutlich seltener einen Typ-2-Diabetes oder einen Bluthochdruck als die Menschen, die der Rationierung nicht ausgesetzt waren, berichtet die Ernährungswissenschaftlerin Prof. Sandra Hummel.

Noch deutlicher wurde der schützende Effekt, wenn der Zuckerkonsum sowohl in der Schwangerschaft als auch in den ersten Lebensmonaten geringgehalten wurde. Diese Phase überschneidet sich mit der Einführung der Beikost und gilt als besonders sensibel. In den ersten sechs Lebensmonaten sollten Babys idealerweise überhaupt keinen zugesetzten Zucker bekommen, betonte die Expertin.

Nicht mehr als 15 bis 25 g Zucker am Tag

Auch später gilt es, den Zuckerkonsum zu bremsen. So wie Erwachsene sollten auch Kinder maximal 10% ihres Energiebedarfs als Zucker aufnehmen. Das sind je nach Alter, Geschlecht und Kalorienbedarf maximal 15 bis 25 g am Tag. Die Realität sind anders aus: Im Durchschnitt nehmen Kinder doppelt so viel Zucker zu sich, mahnte die Expertin.

Kinder müssen vor zu viel Zucker geschützt werden, fordern verschiedene Fachgesellschaften. Es ist dringend geboten, zuckerreiche Lebensmittel gezielt zu besteuern und die Werbung für ungesunde Kinderprodukte zu verbieten. „Zucker darf nicht länger ein günstiger Füllstoff für Kinderlebensmittel sein. Wir brauchen gesetzliche Vorgaben, die die Gesundheit der nächsten Generation schützen“, betont Hummel.

Quelle: Pressemeldung DDG und DGE

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Ambrozinio / Alamy / Alamy Stock Photos