Gesundheit heute

Wo liegt das gesündeste Gewicht?

Die Ausgangslage ist einfach: Das Körpergewicht ist dann zu hoch, wenn es der Gesundheit abträglich ist. Bei welchem Körpergewicht dieses Kriterium erfüllt ist, das ist allerdings umstritten.

Amerikanische Lebensversicherungsgesellschaften versuchten dem Problem statistisch beizukommen. Sie berechneten, bei welchem Gewicht die Versicherten die höchste Lebenserwartung haben, und bezeichneten dieses als Idealgewicht. Ein ziemlich niedriges Gewicht: Es liegt bei Frauen etwa 15 %, bei Männern etwa 10 % unter dem Normalgewicht.

Das Problem ist allerdings, dass dieses Gewicht so ideal womöglich gar nicht ist. Denn was die Statistiker nicht berücksichtigen konnten, waren die Lebensumstände ihrer Versicherten. Sie wussten z.B. nicht, ob die eher schlanken Versicherten mehr Sport trieben und sich gesünder ernährten, was ihre höhere Lebenserwartung – womöglich unabhängig vom Gewicht – erklären könnte. Auch zeigte sich bald, dass Idealgewichtige ihre eigenen gesundheitlichen Probleme haben – so haben sie z.B. ein deutlich erhöhtes Risiko für eine Osteoporose.

Heute wissen Ärzte, dass es keine pauschale Antwort auf die Frage nach dem gesündesten Gewicht gibt. Die Schwelle, ab der ein bestimmtes Körpergewicht gesundheitsschädliche Folgen hat, ist von Mensch zu Mensch verschieden. Neben der Menge des zusätzlichen Gewichts kommt es für die Gesundheit darauf an, wie das zusätzliche Fett verteilt ist (Apfel- oder Birnentyp), wie alt der Betroffene ist, wie er lebt und welcher ethnischen Gruppe er angehört. Mehr noch:

  • Viele körperlich aktive ältere Menschen sind mit mäßigem Übergewicht keineswegs kränker als schlanke Menschen, während moderat übergewichtige jüngere Patienten mit einer ungünstigen Fettverteilung oft schwerwiegende Komplikationen entwickeln, insbesondere im Herz- und Kreislaufbereich. Und körperlich aktive Dicke haben in vielen Studien eine höhere Lebenserwartung als faule Schlanke [229; 230].
  • Auch ermöglicht das Gewicht allein kaum Rückschlüsse auf das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Schlaganfall und Herzinfarkt. Deshalb verwenden Kardiologen inzwischen den BMI nicht mehr, wenn es darum geht, das Herz-Kreislauf-Risiko ihrer Patienten abzuschätzen – hier ist der Taillenumfang deutlich aussagekräftiger.
  • Und selbst die Lebenserwartung lässt sich nicht unbedingt am Gewicht festmachen. In mehreren Studien haben Übergewichtige nur dann ein kürzeres Leben, wenn sie Diabetes entwickeln. Dicke ohne Diabetes haben dasselbe Sterberisiko wie normalgewichtige Menschen ohne Diabetes [275].

Von: Dr. med. Herbert Renz-Polster in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
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Kind bezahlt mit späterer Krankheit

Wer seinem Baby Gutes tun möchte, beschränkt seinen Zuckerkonsum in der Schwangerschaft.

Kind bezahlt mit späterer Krankheit

Zuviel Zucker in der Schwangerschaft

Die Zeit von der Empfängnis bis zum zweiten Geburtstag ist entscheidend für die gesunde Entwicklung eines Kindes. Erhält es währenddessen zu hohe Mengen Zucker, drohen später Typ-2-Diabetes und Bluthochdruck.

Rationierung nach dem 2. Weltkrieg

Die ersten 1000 Tage im Leben eines Kindes gelten als eine ganz besonders sensible Phase für die gesundheitliche Entwicklung eines Kindes. Das ist zwar schon lange bekannt, wird aber zu selten beachtet. Eine aktuelle britische Studie untermauert nun eindrucksvoll, wie schwerwiegend die Folgen schlechter Ernährung in diesem Zeitraum sind.

Untersucht wurden darin Personen, die kurz nach dem Zweiten Weltkrieg in Großbritannien geboren worden waren. In dieser Zeit gab es dort eine staatliche Zuckerrationierung. Für Erwachsene – also auch für werdende Mütter – waren täglich maximal 40 g Zucker erlaubt.

Seltener Diabetes und Hochdruck

Das hatte positive Folgen für die Gesundheit: Die Kinder, die dadurch als Ungeborene weniger Zucker aufgenommen hatten, entwickelten im Erwachsenenalter deutlich seltener einen Typ-2-Diabetes oder einen Bluthochdruck als die Menschen, die der Rationierung nicht ausgesetzt waren, berichtet die Ernährungswissenschaftlerin Prof. Sandra Hummel.

Noch deutlicher wurde der schützende Effekt, wenn der Zuckerkonsum sowohl in der Schwangerschaft als auch in den ersten Lebensmonaten geringgehalten wurde. Diese Phase überschneidet sich mit der Einführung der Beikost und gilt als besonders sensibel. In den ersten sechs Lebensmonaten sollten Babys idealerweise überhaupt keinen zugesetzten Zucker bekommen, betonte die Expertin.

Nicht mehr als 15 bis 25 g Zucker am Tag

Auch später gilt es, den Zuckerkonsum zu bremsen. So wie Erwachsene sollten auch Kinder maximal 10% ihres Energiebedarfs als Zucker aufnehmen. Das sind je nach Alter, Geschlecht und Kalorienbedarf maximal 15 bis 25 g am Tag. Die Realität sind anders aus: Im Durchschnitt nehmen Kinder doppelt so viel Zucker zu sich, mahnte die Expertin.

Kinder müssen vor zu viel Zucker geschützt werden, fordern verschiedene Fachgesellschaften. Es ist dringend geboten, zuckerreiche Lebensmittel gezielt zu besteuern und die Werbung für ungesunde Kinderprodukte zu verbieten. „Zucker darf nicht länger ein günstiger Füllstoff für Kinderlebensmittel sein. Wir brauchen gesetzliche Vorgaben, die die Gesundheit der nächsten Generation schützen“, betont Hummel.

Quelle: Pressemeldung DDG und DGE

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Ambrozinio / Alamy / Alamy Stock Photos