Gesundheit heute

Paar- und Sexualtherapie

Werden sexuelle Störungen vom Betroffenen als behandlungsbedürftig empfunden, so gibt es beratende und psychologisch-therapeutische Maßnahmen, die eine Veränderung dieser Probleme bewirken können. Grundsätzlich unterscheidet man zwei Formen, Sexualberatung und Sexualtherapie, die unterschiedliches Engagement verlangen.

Sexualberatung

Die Sexualberatung steht oft am Anfang der Auseinandersetzung mit sexuellen Problemen. Sie ist niedrigschwelliger als die Sexual- oder Paartherapie, d. h. man bekommt kurzfristiger einen Termin. Bei der Beratung geht es darum, dass der Hilfesuchende mehr Klarheit bezüglich seines Problems und wenn nötig erste Hilfestellungen bekommt. Während der Beratung wird auch geklärt, ob z. B. eine Sexualtherapie erforderlich ist.

In den meisten Städten gibt es z. B. Beratungsstellen von Pro Familia, die bei Beziehungs- und Sexualproblemen schnell und unbürokratisch Hilfe anbieten. Auch Kirchen oder städtische Gemeinden haben oft Beratungsstellen, an die sich jeder wenden kann.

Die Sexualberatung wird überwiegend in Form von Paargesprächen, ähnlich dem Ablauf der Gespräche bei der Paartherapie abgehalten, bei denen beide Partner anwesend sind. Bei Bedarf werden aber Einzelberatungen eingeschoben, bei denen der Therapeut tiefer auf die Problematik einer Person eingeht. Sexualberatung kann also auch sinnvoll sein, wenn man aktuell nicht in einer festen Beziehung steht; hier natürlich in Form von Einzelgesprächen.

Die Dauer, über die diese Gespräche stattfinden sollen, wird je nach der vorliegenden Problematik und deren Schweregrad bestimmt. Meistens vereinbart man einen Termin alle zwei oder drei Wochen. Häufig helfen schon wenige Gespräche, um größere sexuelle Zufriedenheit und eine Harmonisierung der Beziehung zu erreichen. Leider gelingt das nicht immer, und es kann während der Beratung deutlich werden, dass die Beziehung insgesamt gestört ist und es nicht nur im sexuellen Bereich „nicht klappt".

Sexualtherapie

Erkennt der Therapeut oder ein Arzt, dass die vorliegenden Probleme im Rahmen der Sexualberatung nicht gelöst werden können, so wird er die Überweisung zu einer Sexualtherapie vorschlagen. Das bedeutet eine deutlich intensivere Beschäftigung mit den der sexuellen Störung zu Grunde liegenden Ursachen bei einem Sexual- oder Psychotherapeuten. Die Abstände der Therapiestunden sind meist kürzer als bei der Sexualberatung, gerne wird ein Termin pro Woche angesetzt.

Das Paar ist der Patient. Hier wird vorausgesetzt, dass beide Partner damit einverstanden sind, die Therapie mitzumachen, regelmäßig daran teilzunehmen und sich auch zwischen den Stunden Zeit für einander zu nehmen. Bei der Paartherapie entwickeln die Partner mit der Unterstützung des Therapeuten Strategien, wie sie ihre Sexualität weniger angstbesetzt und lustvoller er- und ausleben können. Diese Strategien erprobt das Paar dann gemeinsam zwischen den einzelnen Sitzungen, indem es z. B. vereinbart, sich zu berühren und zu streicheln, ohne dass es dabei gleich auf Geschlechtsverkehr hinausläuft. Ziel solcher Übungen ist, Sexualität wieder ohne (selbst auferlegten) Leistungsdruck erleben zu können. In der nächsten Sitzung werden dann die während der „Übungen" empfundenen Gefühle zur Sprache gebracht. Der Therapeut unterstützt dabei die Kommunikation des Paars und wirkt vermittelnd, indem er Ängste, Vorurteile, falsche Erwartungen (z. B. dass die Initiative zum Sex immer vom Mann ausgehen müsse) oder Schamgefühle abbaut oder versucht, sie gemeinsam mit dem Paar zu überwinden.

Dieses Behandlungskonzept basiert auf den Arbeiten des amerikanischen Forscherpaars Masters und Johnson in den 1970er Jahren. Es wurde um verschiedene Behandlungskomponenten erweitert, z.B. den syndyastischen Therapieansatz, der besonders auf die intensive Vertrautheit und Zusammengehörigkeit in der Paarbeziehung eingeht.

Wie kommt man zu einer Sexualtherapie? Prinzipiell sollte man die eigenen sexuellen Probleme am besten zuerst mit dem Arzt besprechen, damit er mögliche körperliche Ursachen aufdecken kann. Frauen finden Rat und Hilfe beim Gynäkologen, Männer beim Urologen. Steht die Überweisung zu einem Sexualtherapeuten an, so kennen diese Ärzte auch geeignete Adressen, die sie empfehlen können. Das Angebot ist in Deutschland allerdings relativ knapp – weshalb vielerorts ersatzweise „normale" Psychotherapeuten empfohlen werden.

Die Krankenkassen übernehmen leider nur in wenigen Fällen die Kosten für die Behandlung, z. B. wenn gleichzeitig psychische Erkrankungen vorliegen, die (psycho-)therapiebedürftig sind. Außerdem haben nicht alle Therapeuten eine Kassenzulassung. Ist vor Ort kein zugelassener Therapeut verfügbar, werden die Kosten in manchen Fällen über das so genannte Kostenerstattungsverfahren von der Kasse übernommen.

Weiterführende Informationen

  • www.profamilia.de – Betreibt viele Beratungszentren in größeren Städten. Die Internetseite bietet auch Infomaterial zum Bestellen und Runterladen.
  • www.paartherapie.de – Arbeitskreis Paar- und Psychotherapie e. V., Bönningstedt: Internetseite mit Musterschreiben und Argumentationshilfen für Anträge bei der Krankenkasse (teilweise kostenpflichtig) und weiterführenden Links.
  • www.sexualmedizin.charite.de – Institut für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin, Berlin: Leitlinien zur Diagnostik und Therapie sexueller Störungen.
  • www.sexologie.org – Deutsche Gesellschaft für Sozialwissenschaftliche Sexualforschung (DGSS), Düsseldorf: Bietet neben Fachinformation auch Beratung bei Fragen zu sexuellen Problemen.
  • D. Schnarch: Die Psychologie sexueller Leidenschaft. Klett-Cotta, 2006. Gut geschriebener Ratgeber, der vor allem die Qualität der Beziehung und die kontinuierliche Arbeit daran in den Mittelpunkt stellt.
  • W. J. Doherty: Zusammenbleiben. Wie Paare ihre Beziehung retten können in einer Welt, die sie auseinander reißt. Hans Huber, 2003. Von einem Paar- und Familientherapeuten geschriebener Ratgeber, der anhand von Beispielen aus der Praxis die alltäglichen und essenziellen Beziehungstücken vor Augen führt und Hilfe bietet, vorschnelle Entscheidungen zu vermeiden.
  • Stiftung Deutsches Hygiene-Museum (Hrsg.): Sex. Vom Wissen und Wünschen. Hatje Cantz, 2001. Buch zur gleichnamigen Ausstellung des Deutschen Hygiene-Museums, das einen informativen und unterhaltsamen Blick auf die verschiedenen Aspekte unserer Sexualität wirft.

Von: Dr. med. David Goecker, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Geschlechtsverkehr trotz Herzleiden

Sex führt nicht zu Herzinfarkten

Viele Menschen mit Herzerkrankungen fürchten, dass sie einen Herzinfarkt erleiden, wenn sie Geschlechtsverkehr haben. Ein Forscherteam aus Ulm räumt mit dieser Sorge auf. Menschen mit Herzleiden müssen ihr Sexualleben nicht einschränken. 

Rückfälle bei sexuell aktiven Patienten nicht häufiger

Über einen Zeitraum von zehn Jahren untersuchten die Wissenschaftler mehr als 500 Männer und Frauen im Alter von 30 bis 70 Jahren. Alle Studienteilnehmer hatten einen Herzinfarkt erlitten. Die Wissenschaftler befragten die Teilnehmer, wie häufig sie in den zwölf Monaten vor dem Herzinfarkt Geschlechtsverkehr hatten und wann sie den letzten Geschlechtsverkehr vor dem Herzinfarkt hatten. Als kritisch gilt ein Zeitfenster von zwei Stunden vor dem Infarkt. Doch lediglich 0,7 Prozent der Studienteilnehmer hatten innerhalb dieses Zeitrahmens Geschlechtsverkehr. Bei über 78 Prozent der Teilnehmer trat der Herzinfarkt mindestens 24 Stunden nach dem Sex auf. Während der Langzeitstudie erlitten 100 Patienten einen weiteren Herzinfarkt oder einen Schlaganfall. Rückfälle traten bei sexuell aktiven Teilnehmern nicht häufiger auf.

Sorge vor Herzinfarkten durch Sex ist unbegründet

„Die Daten unserer Langzeitstudie zeigen, dass sexuelle Aktivität kein relevanter Auslöser für einen Herzinfarkt ist und bei Patienten mit stabiler Herzerkrankung auch langfristig keine negativen Auswirkungen hat“, berichtet Professor Dietrich Rothenbacher, Leiter des Instituts für Epidemiologie und Medizinische Biometrie der Universität Ulm.

Die Studie schließt eine wichtige Informationslücke und räumt mögliche Sorgen und Ängste von Menschen mit Herzerkrankung aus. „Weniger als die Hälfte der Männer und weniger als ein Drittel der Frauen, die einen Herzinfarkt erlitten haben, erhalten ausreichende Informationen darüber, ob sie weiterhin sexuell aktiv sein können. Es ist wichtig, dass den Patienten versichert werden kann, dass sie sich nicht sorgen oder ihr gewohntes Sexualleben einschränken müssen“, erklärt Prof. Rothenbacher.

Erektionsstörungen als Nebenwirkung von Herzmedikamenten

Rothenbacher weist außerdem darauf hin, dass einige Herzmedikamente als Nebenwirkung Erektionsstörungen begünstigen. Nehmen Betroffene wegen ihrer Herzbeschwerden Nitrate ein und möchten mit Hilfe von Potenzmitteln den Erektionsstörungen entgegenwirken, droht ein plötzlicher Blutdruckabfall mit Bewusstlosigkeit. Männer mit Herzerkrankungen sollten sich deshalb bei Erektionsstörungen in einem vertraulichen Gespräch an ihren Arzt wenden und von der eigenmächtigen Einnahme von Potenzmitteln absehen.

Quelle: Universität Ulm

Von: Sandra Göbel