Gesundheit heute

Pflegestufen und Pflegegrade

Nach dem Grad ihres Hilfebedarfs werden pflegebedürftige Menschen einer von drei Pflegestufen zugeordnet. Je höher die Pflegestufen, desto höher die Leistungen. Die Einteilungsregeln der Pflegestufen sind kompliziert, die folgende Auflistung ermöglicht aber eine erste Orientierung:

Pflegestufe I, erheblich pflegebedürftig (55 % der zu Hause versorgten Pflegebedürftigen): Einmal täglich Hilfe in mindestens zwei Bereichen der Grundpflege. Mehrfach wöchentlich Bedarf an hauswirtschaftlicher Versorgung. Zeitaufwand mindestens 1,5 Stunden täglich (davon müssen mindestens 45 Minuten auf die Grundpflege entfallen).

Pflegestufe II, schwer pflegebedürftig (35 %): Dreimal täglich Hilfe bei der Grundpflege. Zudem kann diese Einstufung Hilfe beim Aufstehen und Zubettgehen bedeuten. Mehrfach wöchentlich Bedarf an hauswirtschaftlicher Versorgung. Zeitaufwand mindestens 3 Stunden täglich (davon mindestens 2 Stunden für die Grundpflege).

Pflegestufe III, schwerstpflegebedürftig (10 %): Rund um die Uhr Unterstützung bei der Grundpflege, auch nachts. Eventuell Hilfe bei Toilettengängen oder umfassende Pflege bei Bettlägerigkeit. Mehrfach wöchentlich Bedarf an hauswirtschaftlicher Versorgung. Zeitaufwand durchschnittlich mindestens 5 Stunden täglich (davon müssen mindestens 4 Stunden auf die Grundpflege entfallen).

Härtefallregelung: Liegt bei Menschen der Pflegestufe III ein außergewöhnlicher Pflegebedarf vor, greift die Härtefallregelung. Sie gewährleistet höhere Leistungen. Für einen Härtefall muss mindestens eine der beiden folgenden Voraussetzungen gegeben sein: 

  • Die Hilfe bei der Grundpflege umfasst mindestens sechs Stunden täglich, mindestens dreimal wöchentlich fällt die Grundpflege in die Nacht.
  • Die Grundpflege für den Pflegebedürftigen erfordert auch nachts die zeitgleiche Anwesenheit von mehreren Pflegekräften.

Pflegestufe 0: Personen der Pflegestufe 0 besitzen eine sehr geringen oder keinen Pflegebedarf, können ihren Alltag jedoch nicht selbstständig bewältigen. Sie erfüllen (noch) nicht die oben genannten Voraussetzungen für eine Einstufung in die Pflegestufe I. Ein Anspruch auf Kostenerstattung besteht teilweise trotzdem – etwa ein Anspruch auf Kosten, die ihnen bei der Inanspruchnahme von zugelassenen Betreuungs- und Entlastungsleistungen entstehen. In Pflegestufe 0 finden sich häufig Menschen mit Demenz, einer psychischen Erkrankung oder einer geistigen Behinderung. 

Pflegegrade: Zum 1. Januar 2017 werden die drei Pflegestufen auf fünf Pflegegrade umgestellt. Körperliche, geistige und psychische Einschränkungen werden dann gleichermaßen erfasst und in die Einstufung einbezogen. Die Gesamtbewertung ergibt sich aus dem Grad der Selbstständigkeit in folgenden Bereichen:

  • Mobilität
  • Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
  • Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
  • Selbstversorgung
  • Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
  • Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte

Menschen, die aktuell einer Pflegestufe zugeordnet sind, erhalten ab 2017 mindestens den gleichen Umfang an Leistungen wie bisher – oder höhere Leistungen. Menschen mit ausschließlich körperlichen Einschränkungen wechseln automatisch in den nächst höheren Pflegegrad (Beispiel: aus Pflegestufe I wird Pflegegrad II). Menschen mit geistigen Einschränkungen steigen automatisch um zwei Stufen höher (Beispiel: aus Pflegestufe 0 wird Pflegegrad II).

Die jeweils aktuellen Hauptleistungsbeträge der fünf Pflegegrade finden Sie beim Bundesministerium für Gesundheit.

Von: Ruth Mamerow, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Geschlechtsverkehr trotz Herzleiden

Sex führt nicht zu Herzinfarkten

Viele Menschen mit Herzerkrankungen fürchten, dass sie einen Herzinfarkt erleiden, wenn sie Geschlechtsverkehr haben. Ein Forscherteam aus Ulm räumt mit dieser Sorge auf. Menschen mit Herzleiden müssen ihr Sexualleben nicht einschränken. 

Rückfälle bei sexuell aktiven Patienten nicht häufiger

Über einen Zeitraum von zehn Jahren untersuchten die Wissenschaftler mehr als 500 Männer und Frauen im Alter von 30 bis 70 Jahren. Alle Studienteilnehmer hatten einen Herzinfarkt erlitten. Die Wissenschaftler befragten die Teilnehmer, wie häufig sie in den zwölf Monaten vor dem Herzinfarkt Geschlechtsverkehr hatten und wann sie den letzten Geschlechtsverkehr vor dem Herzinfarkt hatten. Als kritisch gilt ein Zeitfenster von zwei Stunden vor dem Infarkt. Doch lediglich 0,7 Prozent der Studienteilnehmer hatten innerhalb dieses Zeitrahmens Geschlechtsverkehr. Bei über 78 Prozent der Teilnehmer trat der Herzinfarkt mindestens 24 Stunden nach dem Sex auf. Während der Langzeitstudie erlitten 100 Patienten einen weiteren Herzinfarkt oder einen Schlaganfall. Rückfälle traten bei sexuell aktiven Teilnehmern nicht häufiger auf.

Sorge vor Herzinfarkten durch Sex ist unbegründet

„Die Daten unserer Langzeitstudie zeigen, dass sexuelle Aktivität kein relevanter Auslöser für einen Herzinfarkt ist und bei Patienten mit stabiler Herzerkrankung auch langfristig keine negativen Auswirkungen hat“, berichtet Professor Dietrich Rothenbacher, Leiter des Instituts für Epidemiologie und Medizinische Biometrie der Universität Ulm.

Die Studie schließt eine wichtige Informationslücke und räumt mögliche Sorgen und Ängste von Menschen mit Herzerkrankung aus. „Weniger als die Hälfte der Männer und weniger als ein Drittel der Frauen, die einen Herzinfarkt erlitten haben, erhalten ausreichende Informationen darüber, ob sie weiterhin sexuell aktiv sein können. Es ist wichtig, dass den Patienten versichert werden kann, dass sie sich nicht sorgen oder ihr gewohntes Sexualleben einschränken müssen“, erklärt Prof. Rothenbacher.

Erektionsstörungen als Nebenwirkung von Herzmedikamenten

Rothenbacher weist außerdem darauf hin, dass einige Herzmedikamente als Nebenwirkung Erektionsstörungen begünstigen. Nehmen Betroffene wegen ihrer Herzbeschwerden Nitrate ein und möchten mit Hilfe von Potenzmitteln den Erektionsstörungen entgegenwirken, droht ein plötzlicher Blutdruckabfall mit Bewusstlosigkeit. Männer mit Herzerkrankungen sollten sich deshalb bei Erektionsstörungen in einem vertraulichen Gespräch an ihren Arzt wenden und von der eigenmächtigen Einnahme von Potenzmitteln absehen.

Quelle: Universität Ulm

Von: Sandra Göbel