Gesundheit heute

Notfallverhütung: "Pille danach" und "Spirale danach"

Verhütungspannen kommen vor: Wenn die Einnahme der „Pille" vergessen wurde, das Kondom abgerutscht ist, der Geschlechtsverkehr erzwungen wurde, der Zyklus schwankt oder man gar nicht verhütet hat. In diesen Fällen gibt es die „Pille danach” oder die „Spirale danach“ als nachträgliche „Verhütungsmethode" (Postkoitale Kontrazeption). Sie ist ausschließlich für Notfälle gedacht – und wirkt auch nur, wenn noch kein Eisprung stattgefunden hat . 

Pille danach

„Pille danach” (Morning after Pill, Postkoitale Kontrazeption, Interzeption): Hormontablette zur Verhinderung einer Schwangerschaft nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr. Die Tabletten enthalten Levonorgestrel (PiDaNa®, Postinor®, Unofem®) oder Ulipristal (EllaOne®).

Wirkweise:

Um schwanger zu werden, müssen sich die Eizelle der Frau und eine Samenzelle des Mannes im Körper der Frau treffen. Die Eizelle wird nur einmal pro Zyklus, also ungefähr 1 Mal im Monat freigesetzt. Eine Schwangerschaft ist deshalb nur zu ganz bestimmten Zeiten möglich. Der Eisprung findet bei vielen Frauen ungefähr 2 Wochen nach dem ersten Tag der letzten Regelblutung statt. Nach dem Eisprung ist die Eizelle nur ungefähr einen Tag befruchtungsfähig. 
Weil die Samenzellen bis zu fünf Tage in Eileiter und Gebärmutter überleben, kann ungeschützter Geschlechtsverkehr aber auch ein paar Tage vor dem Eisprung noch zu einer Schwangerschaft führen. 

Die Pille danach schützt vor einer ungewollten Schwangerschaft, wenn die Verhütungspanne wenige Tage vor dem Eisprung stattgefunden hat. Sie schiebt den Eisprung ein paar Tage nach hinten. In dieser Zeit sterben die Samenzellen in Eileiter und Gebärmutter ab. Dann sind sie nicht mehr in der Lage, die Eizelle zu befruchten. Das bedeutet aber auch, dass die Pille danach nur wirkt, wenn der Eisprung noch nicht stattgefunden hat. Ist das Ei bereits gesprungen, ist die Pille danach wirkungslos. 

Nach einer Verhütungspanne sollte die Pille danach möglichst zeitnah eingenommen werden, um einem Eisprung zuvorzukommen. Wie viele Tage nach dem Geschlechtsverkehr die Einnahme der Pille danach noch wirkungsvoll ist, unterscheidet sich je nach Wirkstoff. 

Von der „Pille danach” abzugrenzen ist die Abtreibungspille. Mit der Pille danach lässt sich eine bestehende Schwangerschaft nicht beenden.

Wirkstoffe:

Levonorgestrel. Levonorgestrelhaltige Präparate müssen innerhalb von 72 Stunden (3 Tagen) nach dem Geschlechtsverkehr eingenommen werden. Je früher die Einnahme erfolgt, desto wirksamer sind sie.
Der Wirkmechanismus ist nicht genau bekannt. Levonorgestrel verhindert den Anstieg des luteinisierenden Hormons (LH) und verzögert damit den Eisprung. Das funktioniert allerdings nur, wenn der Eisprung mindestens 2 Tage später stattgefunden hätte. Levonorgestrel ist wirkungslos, wenn die Einnahme am Tag des Eisprungs oder einen Tag nach dem Eisprung erfolgt ist.

Präparate: PiDaNa® 1,5 (DE), Postinor® (EU), NorLevo® (CH), Vikela® (AT). Die Packungen enthalten eine Tablette mit 1,5 mg Levonorgestrel.

Ulipristal. Ulipristalhaltige Präparate müssen innerhalb von 120 Stunden (5 Tagen) nach dem Geschlechtsverkehr eingenommen werden. Sie verhindern den Eisprung, indem sie die Wirkung des Gelbkörperhormons Progesteron unterdrücken. Im Gegensatz zu Levonorgestrel wirken sie auch noch einen Tag vor dem Eisprung. Ulipristal ist aber ebenfalls wirkungslos, wenn die Einnahme am Tag des Eisprungs oder einen Tag nach dem Eisprung erfolgt. Noch unklar ist, welchen Einfluss Ulipristal auf eine bereits bestehende Schwangerschaft hat.

Präparat: ellaOne® (EU).  Eine Packung enthält 30 Milligramm Ulipristalacetat.

Einnahme und Nebenwirkungen:

Einnahme. Es wird eine Tablette mit 30 mg Ulipristal als Einzeldosis eingenommen. Die Einnahme sollte nicht auf nüchternen Magen erfolgen, da sonst Übelkeit und Erbrechen drohen. Bei Erbrechen innerhalb von 3 Stunden nach der 1. Einnahme muss die Einnahme der „Pille danach” wiederholt werden.

Nach Einnahme der „Pille danach” besteht kein Verhütungsschutz, es muss anderweitig, z. B. mit Kondomen, verhütet werden. Die herkömmliche „Pille" sollte nach der „Pille danach” bis zur nächsten Monatsblutung abgesetzt werden.

Stillen. Stillende Mütter sollten levonorgestrelhaltige Präparate direkt nach dem Stillen einnehmen und dann 8 Stunden nicht stillen. Einige Fachleute empfehlen, zusätzlich bis zu 24 Stunden nach der Einnahme die Muttermilch zu verwerfen. Nach Einnahme ulipristalhaltiger Präparate sollte das Stillen für mindestens 1 Woche unterbrochen werden. Um den Milchfluss nicht zu stoppen, kann diese aber abgepumpt und dann verworfen werden.
Schwangerschaft. Beide Pillen führen nicht zum Abbruch einer Schwangerschaft. Allerdings gibt es bisher nur wenige Daten über die Auswirkung der Wirkstoffe auf das ungeborene Kind.

Nebenwirkungen. Die Pille danach schlägt vielen Anwender*innen auf den Magen. Nach der Einnahme treten häufig Übelkeit, Erbrechen und Bauchschmerzen auf. Es ist empfehlenswert, vor der Einnahme eine Kleinigkeit zu essen. Viele Anwender*innen vertragen die Tabletten dadurch besser. Wer sich trotzdem nach der Einnahme innerhalb der ersten drei Stunden übergeben muss, sollte eine neue Pille danach einnehmen. Nur so ist sichergestellt, dass genug Wirkstoff im Körper ankommt.

In einigen Fällen treten auch Unterbauchschmerzen oder Brustspannen auf.  Der Zeitpunkt oder die Stärke der Monatsblutung danach ist aber meist unverändert. Möglich ist aber, dass Zwischen- und Schmierblutungen auftreten.
Wechselwirkungen. Die Wirkung der Pille danach kann durch andere Arzneimittel reduziert werden. Hierzu zählen unter anderem Medikamente zur Behandlung von Epilepsie, Tuberkulose, HIV, Pilzinfektionen sowie pflanzliche Präparate, die Johanniskraut enthalten.

Wurde ein die Wirkung von Levonorgestrel hemmendes Arzneimittel in den letzten 4 Wochen eingenommen, sollte die Levonorgestrel-Dosis von 1,5 auf 3 Milligramm verdoppelt werden. Welche Medikamente die Wirkung der Pille danach beeinträchtigen, weiß die Apotheker*in genau. Geben Sie beim Beratungsgespräch also unbedingt an, welche Medikamente sie einnehmen.  

Verschreibungspflicht. In Deutschland ist die „Pille danach” rezeptfrei, aber kostenpflichtig in der Apotheke erhältlich. Frauen unter 22 Jahren erhalten die Pille danach mit einem ärztlichen Attest kostenfrei. Zwischen 18 und 21 Jahren ist nur die Rezeptgebühr in Höhe von 5 Euro fällig. Unter 14 Jahren brauchen Mädchen das Einverständnis ihrer Eltern. Zwischen 14 und 18 Jahren entscheidet die Apotheker*in, ob die junge Frau das Medikament erhält – ein Einverständnis der Eltern ist also nicht unbedingt notwendig.

Verhütungsschutz. Nach Einnahme der „Pille danach” besteht kein Verhütungsschutz.   Das Medikament reduziert außerdem die Sicherheit der herkömmlichen Anti-Baby-Pille. Anwender*innen sollten für den aktuellen Zyklus also zusätzlich eine Verhütungsmethode wie zum Beispiel ein Kondom anwenden.

Spirale danach

Nach ungeschütztem Sex besteht die Möglichkeit, sich bis zum 5. Tag nach dem Geschlechtsverkehr von der Frauenärzt*in eine Spirale oder Kette mit Kupferbeschichtung einlegen zu lassen. Bei manchen Präparaten ist das Kupfer zusätzlich mit Edelmetallen, z.B. Gold oder Silber, legiert.
Die Spirale verhindert, dass sich die befruchtete Eizelle in die Gebärmutter einnistet. Eine Spirale ist dafür gedacht, längere Zeit im Körper der Frau zu bleiben. Die Entscheidung dafür sollte also gut durchdacht sein und nicht unter Druck gefällt werden . Mehr Informationen zum Einsetzen, der Zuverlässigkeit und möglichen Nebenwirkungen der Kupferspirale finden Sie diesem Artikel.
Präparate: Kupferspirale z.B. Mulitload® und NovaT®, Kupferanteil mit einer Edelmetalllegierung z.B. Goldlilly®, Medusa® und Goldring-Medusa®.
Die Kosten von ca. 130 bis 250 € werden bis zum 22. Lebensjahr von der Krankenkasse übernommen.

Achtung: Eine Hormonspirale ist nicht als Notfallverhütung geeignet. 

  • Mechanische und chemische Verhütungsmethoden
  • Hormonelle Verhütungsmethoden
  • Natürliche Verhütung

Von: Dr. med. Andrea Stadler, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Marie Schläfer.
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Was macht die Pille für den Mann?

Noch ist die hormonelle Empfängnisverhütung Sache der Frau.

Was macht die Pille für den Mann?

Empfängnisverhütung

Bei der Empfängnisverhütung sind auch die Männer gefragt. Doch Kondome mag nicht jeder, und auch die Durchtrennung der Samenleiter ist nicht Jedermanns Sache. Da liegt der Gedanke an eine Pille für den Mann nicht fern. Doch wie weit ist die Forschung tatsächlich?

Depression und Gewalt gegen Frauen

Immer wieder wurde in den vergangenen Jahrzehnten die Erfolgsmeldung lanciert, die „Pille für den Mann“ sei kurz vor dem Durchbruch. Doch leider sieht es nicht danach aus, berichtet der Androloge und Reproduktionsmediziner Michael Zitzmann. Die hormonelle Verhütung durch den Mann ist zwar weiterhin Gegenstand intensiver Forschung. Eine Prognose, wann es soweit ist, mag der Androloge jedoch nicht abgeben.

In den bisherigen Studien wurden die empfängnisverhütenden Hormone vor allem über regelmäßige intramuskuläre Spritzen verabreicht. Bei einer weltweit durchgeführten WHO-Studie kombinierten die Forscher langwirksames Testosteron mit dem Gestagen Norethisteron und spritzten es alle 8 Wochen. Etwa 10% der Männer entwickelten allerdings so schwere Nebenwirkungen, dass die Studie abgebrochen wurde. Dazu zählten schwere Depressionen, eine gesteigerte Libido und eine erhöhte Gewaltbereitschaft gegen Frauen.

Einmal täglich schmieren?

Hoffnung auf ein „einfache“ hormonelle Verhütung für den Mann macht ein anderer Kandidat. Dabei handelt es sich um ein Gel aus Testosteron und dem Gestagen Nestoron, das täglich aufgetragen wird. Bisher haben sich in klinischen Studien keine schweren Nebenwirkungen gezeigt. Andere Forscher*innen arbeiten an oralen Androgen-ähnlichen Substanzen, die zusätzlich an Gestagen-Rezeptoren binden. Dritte Variante ist ein Wirkstoff, der die Ausschüttung von LH und FSH aus der Hypophyse unterdrückt und dadurch die Spermienproduktion reduziert.

Press-Unterhose und Samenleiter-Ventil

Geforscht wird auch an nichthormonellen Methoden. In Frankreich gibt es einen Slip, mit dem die Hoden in den Leistenkanal gedrückt und dadurch so stark aufgeheizt werden, dass sie ihre Produktion einstellen. In der Schweiz wurde ein Ventil für den Samenleiter entwickelt, das mit der Hand verschlossen und geöffnet werden kann. In Indien will man den Samenleiter mit einem Kunststoffgel verstopfen und in Australien arbeiten Forscher*innen fieberhaft an einem Wirkstoff, der den Spermientransport bei der Ejakulation verhindert. Alles interessante Ansätze, meint Zitzmann, aber alle noch nicht klinisch geprüft und von einem allgemeinen Einsatz weit entfernt.

Quelle: Ärztezeitung

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: wavebreakmedia/Shutterstock.com