Gesundheit heute

Das Gewicht beeinflussen

Es gibt Hunderte von Diäten und alle versprechen, dass wir dadurch abnehmen, gesund bleiben oder gar Krankheiten heilen können – von Migräne bis Krebs. Aber kaum eine Diät ist jemals wissenschaftlich untersucht worden und nicht wenige stützen sich auf inzwischen überholte Vorstellungen von der Funktionsweise des Stoffwechsels. Obwohl sie sich an wichtigen Punkten widersprechen, hat jede Diät eine gewisse Anhängerschaft und stellt ihre Nutzer (zumindest zeitweilig) zufrieden. Sicher ist jedoch, dass Diäten bei wissenschaftlichen Tests umso schlechter abschneiden, je länger man ihre Wirkung beobachtet. 

Für keine der gängigen Diäten ist längerfristig ein überzeugender Erfolg nachgewiesen. Das, was sich Abnehmwillige wirklich erhoffen – nämlich sichtbare Vorher-nachher-Effekte, wie sie in Magazinen gezeigt werden – bleibt praktisch immer eine Illusion. Diäten alleine, das ist das Fazit aus der wissenschaftlichen Literatur der letzten 30 Jahre, sind keine ausreichende Antwort auf das Übergewichtsproblem.

Diäten haben ein weiteres Problem: Je stärker sie die Wahl der Lebensmittel vorschreiben, desto weniger kann der Nutzer lernen, seine Ernährungsgewohnheiten auf ein individuell passendes, nachhaltig gesundes Maß auszurichten. Wer immer gefahren wird, lernt nicht selbst zu fahren.

Alle Diäten funktionieren am Anfang gut. Denn der Körper entleert zunächst seine Stärkespeicher (Glykogenspeicher) und da diese Speicher zu 80 % aus Wasser bestehen, purzeln die ersten Pfunde schnell. Wer weniger oder bewusster isst, nimmt zudem weniger Salz auf – auch das setzt Wasser frei. Aber sobald es an die Energievorräte geht, zieht der Körper die Notbremse. Nach 2–3 Tagen senkt der Körper seinen Grundumsatz – er veranstaltet eine Art Mini-Winterschlaf, um die Vorräte in den Fettzellen zu schützen.

Der anfängliche Erfolg erklärt, warum es auf dem Markt so viele unterschiedliche Diäten gibt. Sie funktionieren alle – eine Zeit lang. Jede Form der Kalorienreduktion (selbst wenn sie auf einer krassen Fehlernährung beruht) bringt das Gewicht zunächst einmal runter.

Welche Diät ist die beste? Mit welcher Diät längerfristig am besten abgenommen werden kann, darüber streiten die Experten (und vor allem die Abnehmwilligen) schon lange. Die Antwort der Mediziner lautet: Alle einschlägig bekannten Diäten sind etwa gleich gut bzw. gleich schlecht.

In einer Vergleichsstudie zwischen der Atkins-Diät (kohlenhydratarm), der Ornish-Diät (fettarm), der Weight-Watchers-Diät (kalorienarme Mischkost) und der Zone-Diät (betont ein bestimmtes Verhältnis zwischen den Nährstoffgruppen) zeigte sich nach einem Jahr kein Unterschied [239]. In jeder Gruppe verloren etwa 25 % der Teilnehmer zwischen 5 und 10 % ihres Körpergewichts, und etwa 10 % lagen mehr als 10 % unter dem Ausgangsgewicht. Und alle Diäten hatten mit dem gleichen Problem zu kämpfen: Ein Großteil der Teilnehmer hielt nicht durch. 50 % waren nach einem Jahr bei der fettarmen und der kohlenhydratarmen Diät nicht mehr dabei, bei den anderen waren 35 % ausgestiegen – und das trotz intensiver Betreuung im Rahmen einer wissenschaftlichen Untersuchung. Die Auswahl der Diät ist also nicht so entscheidend, wie oft suggeriert wird. Viel entscheidender ist, ob man auch bei ihr bleibt. Und hier scheint zu gelten: Je extremer die Diät, desto weniger ist sie durchzuhalten.

Warum Diäten scheitern. Diäten bringen den Körper in eine Notsituation. Der Körper versucht gegenzuhalten, indem er mit seiner Energie umso sparsamer haushaltet. Zudem unterschätzen wir mit Diäten eines: Was wir beim Essen bevorzugen, hat eine lange Geschichte. Wir sind von unserem Geschmacksempfinden auf eine bestimmte Ernährung programmiert, Geschmacksprogrammierung – und dieses Programm lässt sich nicht so einfach außer Kraft setzen. Unser Körper vermisst also nicht nur die Kalorien, sondern auch die richtigen Geschmackserfahrungen. Gerade diejenigen Diäten, die uns in eine ungewohnte Geschmackwelt zwingen, lassen sich nur selten langfristig durchhalten. Selbst bei der Atkins-Diät geben viele Abbrecher an, dass sie ihnen einfach zu monoton geworden sei. 

Sondertext: Vom Jojo-Effekt und anderen Gemeinheiten

Risiken von Diäten. Diäten sind nicht nur von fraglichem Vorteil, sie sind auch mit Risiken verbunden:

  • Die Frustration, die sich der Abnehmwillige spätestens nach einem Jahr auf der Waage einhandelt, ist eine psychische Belastung.
  • Diäten können Ausgangspunkt von Essstörungen sein: Das Stop-and-go der Diäten macht ein entspanntes und lustvolles Essen zunichte.
  • Unmittelbare körperliche Risiken entstehen bei allen Radikaldiäten: Es kann zu Kreislaufstörungen, psychischen Veränderungen, Fruchtbarkeitsproblemen und Mangelerscheinungen kommen.
  • Zu Denken gibt auch, dass sich die Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (wie etwa die Blutfettwerte) durch Diäten nicht nennenswert beeinflussen lassen [241].

Ein normales Gewicht zu haben ist sicherlich gesund. Ob dies auch für das Abnehmen gilt, ist weit weniger sicher. Die Gesundheitseffekte des Abnehmens bleiben in jedem Fall weit hinter denen von mehr Bewegung zurück.

Von: Dr. med. Herbert Renz-Polster in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
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Ungesunder Lebensstil bedroht Gehirn

Pizza und Chips sind lecker, aber nicht gut für das Gehirn.

Ungesunder Lebensstil bedroht Gehirn

Vor allem bei Diabetiker*innen

Menschen mit einem Diabetes haben prinzipiell ein höheres Risiko, an einer Demenz zu erkranken. Pflegen sie einen ungesunden Lebensstil, steigt die Gefahr fürs Gehirn noch weiter an.

360.000 Menschen befragt

Ob ein Mensch im Alter eine Demenz entwickelt, hängt unter anderem vom Zustand seiner Hirngefäße ab. Je stärker diese arteriosklerotisch verändert („verkalkt“) sind, desto größer die Gefahr. Diabetiker*innen haben aufgrund ihrer Stoffwechselerkrankung ein deutlich erhöhtes Risiko für Arteriosklerose – und werden häufiger dement als gesunde Altersgenossen.

Das Demenz-Risiko von Diabetiker*innen lässt sich jedoch beeinflussen, wie eine britische Arbeitsgruppe herausgefunden hat. In einer großangelegten Studie fragten die Forscher*innen über 360.000 Teilnehmer*innen nach deren Lebensstil. Dieser wurde anhand der Angaben zu Schlafdauer, körperlicher Bewegung, Zeit vor dem Fernseher, Alkoholkonsum und Ernährungsgewohnheiten in drei Kategorien eingeteilt: gesund, mäßig gesund und ungesund. Dem Lebensstil gegenüber stellte man dann die Daten der Teilnehmer*innen zu Demenz und Typ-2-Diabetes.

Doppelt so hohes Demenzrisiko

Die Analyse ergab, dass ein ungesunder Lebensstil generell die Gefahr erhöhte, eine Demenz zu entwickeln. In der mittleren Kategorie stieg das Risiko um 13%, und in schlechtesten um 36%.

Menschen mit Diabetes hatten jedoch im Vergleich zu den nicht-diabetischen Kontrollen in allen drei Kategorien eine schlechtere Prognose für ihre Hirnleistung. Schon mit einem gesunden Lebensstil war ihr Demenzrisiko um 40% höher als das von Gesunden. Diabetikeskranke aus der Gruppe mit ungesunder Lebensweise erkrankten sogar doppelt so häufig an einer Demenz als gesund lebende Nicht-Diabetiker*innen.

Ein ungesunder Lebensstil steigert also das ohnehin erhöhte Demenzrisiko von Diabetiker*innen noch weiter. Dies sollte für die Betroffenen eine starke Motivation sein, sich gesund zu ernähren und sich mehr zu bewegen, hoffen die Autor*innen. Damit tun sie nicht nur ihrem Gehirn etwas Gutes. Ein gesunder Lebensstil senkt auch das bei Diabetikes ebenfalls erhöhte Herz-kreislauf-Risiko.

Quelle: Ärzteblatt

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Boiarkina Marina/shutterstock.com