Gesundheit heute

Von Aposteln, Heilern und Geschäftemachern

Was wir essen, bestimmt auch den Markt für die Nahrungsmittelindustrie – und diese ist nicht an unserer Gesundheit, sondern an klingenden Kassen interessiert. Deshalb versucht sie, Kunden durch Versprechungen über den angeblich gesundheitssteigernden Wert ihrer Angebote und immer neuer Zusatzmittel zu locken. Diese – in der Regel falschen – Behauptungen werden erst zaghaft gesetzlich reglementiert, etwa durch die EU-Richtlinie zur Lebensmittelwerbung aus dem Jahr 2006. Und nach wie vor wehrt sich die Lebensmittelindustrie erfolgreich gegen eine Auszeichnungspflicht gesundheitlich bedenklicher Zutaten wie der Trans-Fette. Aber nicht nur die Nahrungsmittelindustrie, auch Ernährungsgurus, Gesundheitsprofis und medizinische Modemacher sind mit den von ihnen propagierten Alternativen in diesen lukrativen Markt eingestiegen. Hunderte von Theorien erklären uns, was wir essen oder nicht essen dürfen und wie wir durch Nahrung krank werden: wegen Fleisch, wegen Milch, wegen Kohlenhydraten, wegen Übersäuerung oder weil wir nicht oft genug kauen.

Dahinter steht ein ernst zu nehmendes Dilemma der Ernährungswissenschaft: Sie kann ihre Empfehlungen kaum auf kontrollierte Experimente stützen, wie sie etwa in der Arzneimittelforschung üblich sind, sondern ist auf viel schwerer zu interpretierende Beobachtungsstudien angewiesen. Entsprechend hoch ist die Fallhöhe für die Ernährungsdogmen, die nun nach und nach von einer neuen Generation von Forschern kritisch hinterfragt werden.

Weiterführende Informationen

  • www.ernaehrung.de – Betrieben vom Institut für Ernährungsinformation, Freudenstadt, einer unabhängigen Forschungseinrichtung: Enthält u. a. einen Ernährungsassistenten, der die eigene Ernährung analysiert.
  • www.dge.de – Website der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V., Bonn: Sehr informativ und hilfreich.
  • M. Hamm: Knaurs Handbuch Ernährung. Knaur, 2003. Ein guter und flott geschriebener ernährungswissenschaftlicher Überblick: Von der Funktionsweise unseres Körpers über Vitamine, sekundäre Pflanzenstoffe und Antioxidanzien bis hin zu aktuellen Ernährungstrends wie dem Functional Food.

Von: Dr. med. Herbert Renz-Polster in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
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Vitamin-A-Mangel vorbeugen

Vegane Mütter begeistern ihren Nachwuchs schon früh für Karotten & Co.

Vitamin-A-Mangel vorbeugen

Für Schwangere und Veganer*innen

Wer regelmäßig Milchprodukte, Eier und Fleisch isst, braucht sich um seinen Vitamin-A-Haushalt keine Gedanken zu machen. Doch wie sieht das bei veganer Ernährung aus? Und was müssen Schwangere beachten?

Plazenta und Embryo brauchen Vitamin A

Vitamin A hat im Körper viele Aufgaben: Es ist unentbehrlich für das Sehen und fördert den Aufbau von Knochen, Haut und Bindegewebe. Auch für das Immunsystem ist Vitamin A wichtig. Zudem entschärfen Vorstufen des Vitamins die aggressiven Sauerstoffverbindungen, die in unserem Organismus fortlaufend durch ganz normale Stoffwechselprozesse entstehen.

Eine weitere Funktion hat Vitamin A beim Aufbau der Plazenta und der Reifung des ungeborenen Kindes. Deshalb brauchen Schwangere auch 2050 % mehr Vitamin A als nicht-schwangere erwachsene Frauen, deren Tagesbedarf bei etwa 0,8 mg liegt. Grundsätzlich lässt sich das durch die Nahrung erreichen, praktisch geschieht das aber eher selten.

Vitamin-A-Supplemente statt Leber

Der früher oft erteilte Rat, viel Vitamin-A-reiche Leber zu essen, ist heute sogar gefährlich: Schlachttiere bekommen oft sehr hohe Mengen an Vitamin A zugefüttert. Die hohen Dosen, die sich dann in der Leber ansammeln, können beim Embryo zu Fehlbildungen führen.

Um den vermehrten Bedarf sicher zu stellen, empfehlen Expert*innen heute, ab dem 4. Schwangerschaftsmonat 3.000 Internationale Einheiten Retinol-Äquivalente zuzuführen (Retinol ist die Transportform des Vitamin A im Körper).

Veganer schützt Provitamin

Doch nicht nur Schwangere sollten sich Gedanken über Vitamin A machen. Weil das Vitamin ausschließlich in tierischen Produkten wie Eier, Milch, Käse, Leberwurst und fettem Fisch vorkommt, droht Veganer*innen eine Unterversorgung. Mit ausreichend Obst und Gemüse muss es dazu aber nicht kommen. Süßkartoffeln, Aprikosen, Mangos, Karotten, Paprika und Spinat enthalten die Vitamin-A-Vorstufe Beta-Carotin, die der Körper zu Vitamin A umwandelt. Um ausreichend davon herzustellen, benötigt der Organismus jedoch täglich doppelt so viel Beta-Carotin wie Vitamin A.

Für Veganer*innen, die ihren Vitamin-A-Haushalt durch Supplemente sichern wollen, gibt es spezielle Produkte (z. B. ohne Weichgelatinekapseln oder ohne Retinolbestandteile aus tierischer Quelle). Zur besseren Übersicht sollte man sich dazu in der Apotheke beraten lassen.

Quelle: pta heute

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: everst/shutterstock.com