Gesundheit heute

Akne bei Jugendlichen

Akne: Nicht ansteckende Hauterkrankung, die mit Vergrößerung der Talgdrüsen, vermehrter Talgproduktion und dadurch begünstigten Entzündungen einhergeht. Sie tritt besonders in der Pubertät auf und hat mit 17 Jahren ihren Häufigkeitsgipfel. Rechnet man milde Formen mit, so ist fast jeder Jugendliche von Akne betroffen, Jungen meist schwerer als Mädchen. Jedoch haben etwa 10 % der Betroffenen auch noch nach dem 25. Lebensjahr Beschwerden. Bei 30 % verläuft die Akne so schwer, dass sie medizinisch behandelt wird.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Mitesser (Komedonen), die sich zu "Pickeln" (Pusteln) entwickeln und entzünden
  • Auftreten der Akne vor allem im Gesicht (besonders an Stirn, Wangen und Kinn), im Dekolleté und am oberen Rücken.

Wann in die Arztpraxis

In den nächsten 1–2 Wochen, wenn

  • die Akne durch Selbsthilfemaßnahmen nicht innerhalb von 2–3 Monaten besser wird
  • sich eitrige Pusteln oder tiefe Knoten bilden.

In den nächsten Tagen, wenn

  • Akne außerhalb der Pubertät auftritt.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

In der Pubertät bilden insbesondere Jungen, aber auch Mädchen, männliche Geschlechtshormone wie Testosteron. Durch das Hormon werden die Talgdrüsen zu verstärkter Absonderung von Talg (Talgsekretion) angeregt (Seborrhö). Wie stark die Talgdrüsen auf die Hormone ansprechen, ist dabei von Mensch zu Mensch verschieden. Gleichzeitig neigt die Haut an den Talgdrüsenausgängen bei vielen Jugendlichen zur Verdickung (Verhornung), sodass sich der Talg zusammen mit abgeschilferten Hautzellen anstaut und weiße Mitesser (weiße Komedonen) entstehen. Diese färben sich durch Einlagerung von Pigmenten (nicht durch Schmutz) im Lauf der Zeit dunkel oder sogar schwarz (schwarze Mitesser bzw. Komedonen). Die verstopften Talgdrüsen werden leicht von Hautbakterien, z. B. Propionibacterium acnes, besiedelt. Dadurch entzünden sich die Mitesser und die umgebende Haut; es entstehen die bekannten Pickel, also eitrig entzündete Mitesser.

Ursachen

Hormonveränderungen. Jugendliche leiden durch die hormonelle Umstellung in der Pubertät an der "ordinären Akne" (Acne vulgaris). Weitaus seltener entwickelt sich die Akne durch Hormonzufuhr von außen. Auch nach der Pubertät klagen viele Mädchen über leichte Akne: In der 2. Zyklushälfte verändert sich der Hormonhaushalt, da der Anteil des Gelbkörperhormons Progesteron steigt. Gleichzeitig sinkt der Anteil des Östrogens, das die Talgproduktion eher bremst.

Die sogenannte Neugeborenenakne ist eine Reaktion der empfindlichen Säuglingshaut auf die mütterlichen Hormone, die das Kind im Mutterleib aufgenommen hat. Die Hormone werden jedoch schnell wieder abgebaut, sodass sich die Akne nach einiger Zeit von selbst bessert.

Umweltgifte und Kosmetika. Gefördert wird Akne auch durch Umwelteinflüsse, insbesondere durch den längerfristigen Einsatz fettiger Kosmetika, die die Hautporen schließen.

Ernährung. Der Einfluss der Ernährung ist kompliziert: Während die oft beschuldigte Schokolade oder fettreiche Ernährung kontrovers diskutiert wird, zeigen Studien, dass eine durch Überernährung und Bewegungsmangel ausgelöste diabetische Stoffwechsellage (metabolisches Syndrom) die Akne fördert.

Stress. Auch akuter Stress lässt Pickel und Akne "blühen".

Medikamente. Eine sogenannte medikamentös bedingte Akne bildet sich in wenigen Tagen nach der Einnahme von Medikamenten nicht nur im Gesicht, sondern auch an sonst eher unüblichen Stellen wie Armen, Beinen oder Rumpf. Zu diesen Medikamenten zählen unter anderem kortisonhaltige Mittel gegen Entzündungen, bestimmte Mittel gegen Epilepsie oder Lithium gegen Depressionen.

Erkrankungen. Leiden erwachsene Frauen unter Akne, ist dies evtl. ein Hinweis auf das polyzystische Ovarialsyndrom, eine der häufigsten hormonellen Erkrankungen der Frau. Eine andere Ursache ist die Überproduktion von männlichen Geschlechtshormonen (Hyperandrogenismus). Ebenso muss an die Hautkrankheit Rosazea gedacht werden.

Weitere Ursachen. Jede Akne wird zudem durch den Besuch von Solarien (hochdosiertes UVA-Licht) und durch nicht atmungsaktive Kleiderstoffe verschlimmert. Manchmal wird vermutet, dass mangelhafte Hygiene die Ursache für Akne ist. Dafür gibt es allerdings keine Belege.

Risikofaktoren

  • Fettige Substanzen oder bestimmte Kosmetika (z. B. Make-up)
  • Genetische Veranlagung: Sind bereits mehrere Familienmitglieder betroffen, besteht ein größeres Risiko für Akne
  • Reiben und Druck gegen die Haut, beispielsweise durch zu enge Kleidung oder das Tragen eines Rucksackes.

Klinik

Beim Krankheitsbild der eigentlichen Akne (Acne vulgaris) unterscheidet die Ärzt*in mehrere Formen, die sich durch typische Hautveränderungen erkennen lassen:

Leichte Akne. Bei Acne comedonica ist die Haut fettig und übersät mit vielen Mitessern ohne nennenswerte Entzündungen (Eiterpickel). Diese treten hauptsächlich im Gesicht auf, vor allem an Stirn, Kinn und seitlichem Nasenbereich. Gerade bei Mädchen übersteigt die Zahl der geschlossenen Mitesser die Zahl der offenen deutlich.

Mittelschwere Akne. Bei anderen Jugendlichen dominieren größere Knötchen, teilweise mit Eiterbildung, die sich sowohl im Gesicht als auch auf Brust, Rücken und Oberarme verteilen. Aus den entzündeten Pusteln entstehen unterschiedliche Narbentypen. Diese Form wird (Acne papulopustulosa) genannt.

Schwere Akne. Vor allem Jungen sind von sehr schweren Formen mit knotigen, tiefen, teils eitrigen Entzündungen betroffen. Nachdem diese abgeheilt sind, bleiben bei der auch Acne conglobata genannten Form charakteristische Aknenarben zurück.

Komplikation

Eine mögliche Komplikation ist die Acne fulminans, eine Form der schweren Akne mit Fieber und absterbenden Hautbereichen (Hautnekrosen).

Diagnosesicherung

Um andere Hautkrankheiten wie Pilzerkrankungen oder eine eitrige Haarbalgentzündung auszuschließen, ist der Besuch in der Hautarztpraxis notwendig. Zur Diagnose einer "ordinären Akne" benötigt die Ärzt*in meist keine weiteren Untersuchungen, sie erkennt sie an dem typischem Erscheinungsbild ("Blickdiagnose").

Behandlung

Für fast alle Behandlungen der Akne gilt: Bis sie wirken, ist Geduld gefragt. Wer keine Geduld hat und womöglich ständig die Behandlung wechselt, sieht keinen Fortschritt und hat eher das Gefühl, dass nichts hilft.

Pharmakotherapie

Alle Aknepräparate werden auf die gereinigte und abgetrocknete Haut aufgetragen. Vor und nach dem Auftragen müssen die Hände gut gewaschen werden. In leichten Fällen reichen "Rubbelcremes" (Waschpeelings) zur Abschilferung der verhornten Talgdrüsenausführungsgänge aus, wie etwa Brasivil® Paste.

Basisbehandlung durch Schälmittel. Meist wird dem betroffenen Jugendlichen aber eine sogenannte Basisbehandlung mit Benzoylperoxid (BPO) empfohlen, einem chemisch wirkenden, frei verkäuflichen Schälmittel, das gleichzeitig gegen Mitesser, Bakterien und die Entzündung wirkt. Da die Gesichtshaut sehr empfindlich ist, sollten nur niedrig konzentrierte Präparate eingesetzt werden. Beim Auftragen sind die Augen, Nasenlöcher und die Lippen auszusparen, da BPO die Schleimhäute reizt. Augenbrauen, Kopfhaare, Barthaare und Textilien können beim Kontakt mit BPO ausbleichen.

Die Behandlung mit BPO sollte die Beschwerden innerhalb von acht Wochen verbessern. Eine Anwendung länger als 3 Monate wird nicht empfohlen.

Ähnlich wirkt die verschreibungspflichtige Azelainsäure. Generell irritieren Cremes die Haut weniger als Gels oder gar Lösungen, deshalb sind Cremes am Anfang der Behandlung manchmal die bessere Wahl. Auch eine geeignete Hautpflege verringert die von den Schälmitteln oft ausgehende Reizwirkung. Reagiert die Haut empfindlich auf die Azelainsäure, ist das Präparat zunächst nur jeden zweiten Tag anzuwenden.

Oberflächliche (topische) Retinoide. Bei schwereren Akneformen reichen Schälmittel meist nicht aus. Hier werden aus der Vitamin-A-Säure gewonnene Präparate (Retinoide) verordnet, vor allem das wenig reizende Adapalen (als Creme oder als Gel). In hartnäckigen Fällen kann das – allerdings anfänglich stark reizende – Tretinoin (Vitamin-A-Säure) versucht werden. Noch stärker wirkt das Isotretinoin. Bei allen Präparaten wird von einer Anwendung während der Schwangerschaft oder Stillzeit abgeraten – bei Isoretinoiden drohen sogar Fehlbildungen beim ungeborenen Kind. Alle Retinoide haben zudem den Nachteil, dass sie die Haut lichtempfindlicher machen. Deshalb werden sie am besten abends aufgetragen. Zusätzlich muss auf einen ausreichenden Sonnenschutz geachtet werden. Retinoide werden häufig auch in Kombination mit BPO eingesetzt.

Oberflächliche (topische) Antibiotika. Bestehen entzündliche Hautveränderungen und Pusteln, die sich mit den Schälmitteln nicht bessern, helfen zusätzlich antibiotikahaltige Cremes, vor allem mit Erythromycin oder Clindamycin. Antibiotikapräparate sollten aber immer erst eingesetzt werden, wenn andere Therapieformen unzureichend wirken. Die Hautbakterien werden sonst gegen das Antibiotikum unempfänglich (resistent). Aus demselben Grund dürfen Antibiotikapräparate nicht länger als 6–12 Wochen hintereinander aufgetragen werden. Außerdem sollten sie nur zusammen mit Benzoylperoxid- oder Retinoid-Präparaten verabreicht werden

Systemische Präparate. In schweren Fällen, also vor allem bei der Acne conglobata, lindert die oral einzunehmende Einzeltherapie mit Isotretinoin die Akne. Nebenwirkungen wie trockene Haut, Leberfunktionsstörungen und Erhöhung der Blutfettwerte sowie Stimmungsschwankungen bis hin zur Depression kommen vor. Für sexuell aktive Mädchen und Frauen ist diese Behandlung nur dann eine Option, wenn sie gleichzeitig sehr sicher verhüten. Denn durch die orale Einnahme von Retinoiden sind bei einer Schwangerschaft Fehlbildungen beim Ungeborenen möglich. Auch nach Beenden der Behandlung muss deshalb die Verhütung mindestens 4 Wochen lang fortgesetzt werden.

Die Behandlung mit Antibiotika zum Schlucken kommt kurzfristig bei stark eitrigen Formen in Betracht. Bei jungen Mädchen bessert auch die "Pille" die Akne oft deutlich.

Neue Therapiemethoden

Laser- und Lichttherapie. Zusätzlich zu Salben und Medikamenten werden verschiedene Formen der Bestrahlung mit Laser und Blitzlichtlampen als Behandlungsmöglichkeit erforscht. Diese Behandlungen sind jedoch noch nicht ausreichend erprobt, aber wahrscheinlich den medikamentösen Ansätzen unterlegen.

Fototherapie. Die Haut wird bei dieser Behandlung gezielt und unter ärztlicher Aufsicht mit UV-Licht bestrahlt. Studien haben ergeben, dass sich die Akne zumindest kurzfristig bessern soll. Die UV-Bestrahlung bei der Fototherapie ist nicht vergleichbar mit dem Besuch in einem Sonnenstudio!

Komplikationen

Bei der Behandlung kommt es anfänglich nicht selten zu Verschlechterungen. Aus diesem Grund werden die Schälmitteln nur alle 2 Tage angewendet und die Therapie stufenweise eingeschlichen. Wenn möglich, sollte eine Therapieform aber immer 6 Wochen ausprobiert werden, bevor eine andere oder stärkere Option gewählt wird.

Prognose

In vielen Fällen heilt die Akne bis zum 25. Lebensjahr von selbst wieder ab. Bleibt sie länger bestehen, spielen häufig Faktoren wie Stress und Medikamente eine Rolle. Manchmal handelt es sich dann auch um eine hormonell bedingte Akne, etwa in der Schwangerschaft oder in den Wechseljahren.

Ihre Apotheke empfiehlt

Was Sie als Eltern tun können

  • Zuerst einmal: Es tut keinem Betroffenen gut, wenn er Begriffe wie "unreine Haut" hört – mit Reinheit oder Unreinheit hat Akne nichts zu tun. Und Eltern, die gleich auf jeden Pickel hinweisen, machen sich zurecht nicht besonders beliebt.
  • Die von Akne betroffenen Hautregionen sollten einmal am Tag nur mit pH-neutralen und parfümfreien Seifen oder Waschlotionen gereinigt werden. Zu häufiges Waschen mit aggressiven Substanzen zerstört das Hautmilieu und führt oft zu einer Verschlimmerung.
  • Da alle Aknemittel die Haut reizen können, ist die richtige Hautpflege entscheidend. Am besten geeignet sind entfettende Syndets (synthetische Seifen), wie etwa Eubos®, Hydroderm® oder Effaclair®. Bei stark fettender Haut nimmt man zur Entfettung auch eine milde alkoholische Lösung, etwa 20%iges Isopropanol oder Solutio Cordes®. Beim Abdecken von Mitessern und Pickeln sollte man fettige oder ölige Kosmetika besser meiden.
  • Das bei vielen Teenagern beliebte "Ausdrücken" von Mitessern oder Pickeln schadet eher, denn die entzündungsverursachenden Substanzen werden durch unsachgemäßes Quetschen nur tiefer ins Gewebe gepresst. Das Risiko für Entzündungen und damit verbundene Narbenbildungen steigt. Stattdessen sollte eine Kosmetiker*in die Mitesser entfernen.
  • Nicht zu stark dosiertes Sonnenlicht wirkt erfahrungsgemäß günstig, was sich auch daran zeigt, dass Akne im Sommer oft besser und im Winter eher schlechter wird. Allerdings beruht der Eindruck eher darauf, dass Akne auf gebräunter Haut weniger auffällt.

Komplementärmedizin

Naturheilheilkunde. Auch die Naturheilkunde bietet kein Patentrezept gegen Akne – die Empfehlungen reichen von A-Vitaminen über Blutreinigungstees mit Schachtelhalm und Brennnessel, Kamille und Salbei bis hin zu Zink (innerlich wie äußerlich). Kleiebäder und Heilerdeanwendungen unterstützen am ehesten die schulmedizinische Behandlung. Heilerde entzieht der Haut Talg und Schmutz und regt gleichzeitig die Durchblutung an. Außerdem wirkt sie entzündungshemmend.

Vorsicht geboten ist bei der manchmal empfohlenen essigsauren Tonerde: Wer sich in der Dosierung vergreift, riskiert Verätzungen im Gesicht.

Viele Betroffene haben gute Erfahrungen mit Teebaumöl gemacht, allerdings: Es wirkt nicht von heute auf morgen. Das Öl wird mit etwas Gesichtsgel oder Gesichtswasser vermischt und auf die betroffenen Stellen aufgetupft. Bei Hautirritationen muss die Anwendung sofort abgebrochen werden.

Ein altes, aber in der Wirksamkeit wissenschaftlich unbewiesenes Hausmittel gegen Akne ist Hefe, die entweder als frische Bäckerhefe oder als Fertigpräparat (z. B. Levurinetten®) innerlich und äußerlich angewendet wird.

Auch verschiedene homöopathische Mittel wie gereinigtes Bienengift sollen helfen, das Hautbild zu verbessern. Bisher gibt es jedoch keine überzeugenden Beweise, dass sie wirken.

Dampfbad. Ein altes Hausmittel ist das Dampfbad. Dafür wird eine Schüssel mit sehr heißem Wasser befüllt, das mit einer Hand voll getrockneter Kamillenblüten oder Ringelblumen angereichert wird. Anschließend wird der Kopf mit einem Handtuch bedeckt und über die Schüssel gebeugt. Das Dampfbad sollte etwa 10–15 Minuten wirken. Danach muss die Haut gut abgetrocknet werden.

Prävention

Lebensführung. Wer zu Mitessern und Pickeln neigt, verhindert mit der richtigen Hautpflege oft das Entstehen von Entzündungen. Selbstverständlich spielen auch andere vorbeugende Verhaltensweisen eine Rolle: gesunde Lebensweise mit frischem Obst und Gemüse, ausreichend Schlaf, viel Bewegung an der frischen Luft und Nikotin-Verzicht.

Pflegemittel. Um die Akne nicht zu verschlimmern, sollte die Haut nicht ständig neuen "pflegenden" Substanzen ausgesetzt werden. Besser man bleibt bei einem Pflegemittel – sofern es vertragen wird.

Von: Dr. med. Herbert Renz-Polster in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dagmar Fernholz, Bettina Bobinger
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Kampf der Gürtelrose!

Die echte Gürtelrose blüht mit roten Papeln und Bläschen weniger hübsch.

Kampf der Gürtelrose!

Gegen Schmerzen, Juckreiz, Krusten

Mit Ausschlag, Kribbeln, Jucken und Schmerzen kann eine Gürtelrose ganz schön unangenehm werden. In jedem zehnten Fall drohen sogar langfristige Nervenschmerzen, die Schlaf und Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Lesen Sie, wo die Gürtelrose herkommt, wie sich akute und chronische Beschwerden am besten behandeln lassen und wie man sich mit der Zosterimpfung schützt.

Viren auf Wanderschaft

Plötzliche Schmerzen und ein roter, gürtelförmiger Ausschlag am Rumpf —die Symptome einer Gürtelrose sind leicht zu erkennen. Verantwortlich für den Spuk ist das Windpocken- oder Varizellenvirus (lateinisch Varizella-Zoster-Virus). Es gehört zu der Gruppe der Herpesviren, weshalb die Erkrankung medizinisch auch Herpes zoster genannt wird.

Das Varizellenvirus hat ganz besondere Eigenschaften. Infiziert man sich damit, erkrankt man zunächst an Windpocken. Nach dem Abheilen des juckenden Ausschlags verschwinden die Viren aber nicht. Stattdessen wandern sie in bestimmte Nervenzellen, die Ganglienzellen von Hirn- oder Spinalnerven. Dort lassen sie sich lebenslang nieder – in Schach gehalten vom körpereigenen Immunssystem. Schwächelt das Immunsystem, werden die Viren reaktiviert und befallen den Körper „von innen“ erneut. Geschwächt wird das Immunssystem z. B. durch

  • seelischen und körperlichen Stress
  • normale Alterungsprozesse
  • immunsuppressive Therapien, also Therapien die das Immunsystem gezielt unterdrücken (z. B. zur Behandlung von Krebs oder einer rheumatoiden Arthritis)
  • Immunerkrankungen, z.B. eine HIV-Infektion.

Manchmal tritt die Gürtelrose aber auch auf, ohne dass sich ein spezieller Grund dafür feststellen lässt.

Die typische Gürtelrose

Werden die Viren reaktiviert, wandern sie die Nervenfaser entlang in Richtung Körperoberfläche. Am häufigsten geschieht das im Bereich von Brustkorb und Rumpf. Auf der Haut lösen sie dann einen gürtelförmigen Ausschlag mit gleichförmigen Papeln und Bläschen auf rotem Grund aus. Zum charakteristischen Muster des Ausschlages kommt es, weil die Viren sich nicht frei, sondern entlang der Nervenfaser ausbreiten. Diese Nervenfasern sind wiederum gürtelförmig, also quer von der Wirbelsäule bis zur Vorderseite angeordnet. Der gürtelförmige Ausschlag ist so typisch, dass meist keine weitere Diagnostik erforderlich ist. Im Zweifel lassen sich die Viren aber auch durch Laboruntersuchungen von Blut oder Hirnflüssigkeit nachweisen.

Manchmal macht sich die Gürtelrose schon vor dem Hautausschlag durch Kribbeln oder Taubheitsgefühl bemerkbar. Ist sie voll erblüht, leiden die Erkrankten je nach Ausmaß unter

  • Fieber und starkem Krankheitsgefühl
  • Wundschmerzen im Bereich des Ausschlags
  • Nervenschmerzen im Bereich des befallenen Nervens, z. B. starke Missempfindungen (Ameisenlaufen, Juckreiz) und bohrende oder stechende Schmerzen.

Normalerweise heilt der Ausschlag innerhalb von zwei bis vier Wochen folgenlos aus. Bei jeder zehnten Patient*in dauern Schmerzen und Missempfindungen jedoch auch nach Abheilen des Hautausschlags an oder flackern nach einem beschwerdefreien Intervall wieder auf. In diesen Fällen spricht man von der Post-Zoster-Neuralgie. Deren Prognose ist nicht besonders gut: Bei einem Drittel der Betroffenen greift die Schmerztherapie nicht, und manche haben lebenslang mit den Beschwerden zu kämpfen (mehr dazu siehe unten).

Hinweis: Achtung, ansteckend! In den Bläschen des Ausschlags befinden sich massenweise Varizellenviren. Gürtelrose-Patient*innen können durch Schmierinfektionen andere infizieren. Ganz besonders gefährdet sind Schwangere, die noch keine Windpocken hatten. Bei einer Infektion kann das ungeborene Kind schwer geschädigt werden. Um jede Ansteckung zu vermeiden sollte der Ausschlag bis zum Abheilen gut abgedeckt (passende Pflaster dafür gibt es in der Apotheke) und der Kontakt zu Ungeimpften bzw. noch nicht an Windpocken Erkrankten vermieden werden.

Zoster in Ohr und Auge

Neben der typischen Gürtelrose gibt es auch andere Formen des Herpes zoster. Besonders unangenehm wird es, wenn die Varizellen in den Ganglienzellen der Hirnnerven sitzen und dort reaktiviert werden. Dann wandern sie die Nervenfasern entlang in Richtung Kopfhaut vor. Ist der Trigeminalnerv betroffen, kommt es zu einem Zoster ophthalmicus mit Ausschlag und Schmerzen im Bereich von Stirn, Nasenwurzel und Nasenrücken, meist begleitet von Fieber und einem starken Krankheitsgefühl. Es droht die Infektion des Auges mit Bindehautentzündung, Hornhautentzündung, Augenmuskellähmung und sogar der Gefahr der Erblindung. Ein Befall der Nerven, die für das Ohr zuständig sind, macht sich als Zoster oticus mit Ohrenschmerzen, Hörminderung, Schwindel und schmerzhafte Bläschen am Gehörgang bemerkbar.

Schwerste Formen des Herpes zoster sind der Befall des Gehirns (Zoster-Enzephalitis) oder die Ausbreitung der Varizellenviren über den gesamten Körper inklusive innerer Organe (Zoster generalisatus). Diese lebensbedrohlichen Varianten kommen bei Menschen vor, deren Immunsystem sehr geschwächt ist.

Hinweis: Eine weitere seltene Sonderform des Herpes zoster ist der „Zoster sine herpete“. Hier leiden die Betroffenen unter heftigen Schmerzen in einem Dermatom, es fehlt aber der typische bläschenförmige Ausschlag.

Wen kann es treffen?

Jeder, der einmal an Windpocken erkrankt war, beherbergt die Viren und kann Monate, Jahre oder Jahrzehnte später an einer Gürtelrose oder einer anderen Form des Herpes zoster erkranken. Allerdings steigt das Risiko mit dem Alter, weil das Immunsystem dann allgemein weniger gut arbeitet. Ab 50 ist jedoch nicht nur die Gefahr einer Virusreaktivierung erhöht. Auch die Schwere der Erkrankung nimmt zu.

Doch nicht nur durchgemachte Windpocken lassen eine Gürtelrose erblühen. Auch Menschen, die gegen Windpocken geimpft wurden, können an einem Herpes zoster erkranken. Denn das abgeschwächte Impfvirus zieht sich ebenso wie das „echte“ Virus in Ganglienzellen der Spinal- oder Hirnnerven zurück. Weil das Impfvirus sich jedoch weniger leicht reaktivieren lässt als sein natürlicher Verwandter tritt ein Zoster nach Impfung sehr selten auf. Und kommt es doch einmal dazu, verläuft die Erkrankung deutlich milder als der Herpes zoster durch das echte Virus.

Akut gegen Virus, Schmerz und Krusten

Die normale Gürtelrose ist zwar unangenehm, hat aber eine relativ gute Prognose. Etwa 70–80% der Fälle heilen mithilfe der passenden Therapie folgenlos aus. Diese ruht auf drei Säulen: Die Viren zu bekämpfen, Schmerzen und Juckreiz einzudämmen und das Abheilen der Bläschen zu fördern.

Antivirale Medikamente. Mit ihnen wird der Verlauf der Erkrankung abgemildert und die Ansteckungsgefahr reduziert. Deshalb wird auf die antivirale Therapie nur bei sehr leichten Verläufen darauf verzichtet. Zwingend erforderlich ist sie bei

  • Patient*innen über 50 Jahren
  • Zoster im Kopfbereich
  • stark ausgeprägtem Zoster, z. B. beim Befall mehrerer Dermatome am Rumpf
  • kompliziertem Verlauf
  • Immunschwäche.

Zum Einsatz kommen die Wirkstoffe Aciclovir, Valaciclovir, Famcicluvir und Brivudin. Je nach Präparat werden die antiviralen Medikamente drei- bis fünfmal täglich als Tabletten eingenommen. In schweren Fällen gibt man sie auch intravenös. Dies ist bei Zoster ophthalmicus oder Zoster oticus der Fall. Hier kombinieren die Ärzt*innen das Virostatikum auch oft mit Kortison, um das Risiko für gefährliche Komplikationen wie Seh- oder Hörverlust zu reduzieren.

Schmerztherapie. Der entzündliche Ausschlag verursacht oft unangenehme Wundschmerzen. Diesen begegnet man mit entzündungs- und schmerzlindernden Wirkstoffen wie Ibuprofen oder Paracetamol. Bei sehr starken Schmerzen kommen auch Opioide zum Zug, beispielsweise Oxycodon-Tabletten oder intravenös verabreichtes Morphin.

Ist der Nerv angegriffen, entwickeln sich zusätzlich neuropathische Schmerzen. Sie reichen von Kribbeln oder Taubheitsgefühl bis zum ausgeprägten Brennen, Bohren oder Stechen. Hier können Wirkstoffe helfen, die auch bei der Post-Zoster-Neuralgie eingesetzt werden, so zum Beispiel Gabapentin, Pregabalin oder auch das Antidepressivum Amitryptilin.

Lokaltherapie. Die lokale Therapie fördert die Abheilung und reduziert das Risiko einer bakteriellen Infektion des Ausschlags. Polihexanid-Gele beispielsweise wirken antiseptisch und helfen, die Verkrustungen zu lösen. Lösungen aus Polihexanid oder Octenidin sind ebenfalls antiseptisch und lindern Schmerzen und Missempfindungen durch ihren kühlenden Effekt. Synthetische Gerbstoffe verringern ebenfalls den Juckreiz und lassen die Läsionen abtrocknen.

Hinweis: Zur lokalen Therapie keine Schüttelmixtur mit Zink verwenden! Diese lindert zwar den Juckreiz, fördert jedoch neuen Untersuchungen zufolge eine bakterielle Infektion der Läsionen. Außerdem lässt sich unter der weißlichen Schicht das Abheilen des Ausschlags nicht gut kontrollieren.

Wenn die Post-Zoster-Neuralgie zubeißt

In etwa 10% der Fälle entwickeln die Betroffenen eine Post-Zoster-Neuralgie. Dabei bleiben die Nervenschmerzen länger als vier Wochen bestehen, obwohl der Hautausschlag längst abgeklungen ist. Manchmal entwickeln sie sich aber auch erst nach einem beschwerdefreien Intervall. Typisch sind Missempfindungen und starke brennende, bohrende oder stechende Schmerzen. Oft ist die Region auch besonders berührungsempfindlich, was beispielsweise das Scheuern von Gürteln oder BH-Trägern unerträglich machen kann.

Die Behandlung der Post-Zoster-Neuralgie ist kompliziert, oft müssen verschiedene Wirkstoffe probiert und kombiniert werden. Etwa 30% der Patient*innen werden auch durch intensive Maßnahmen nicht schmerzfrei. Zum Einsatz kommen

  • Antikonvulsiva (Medikamente gegen Krampfanfälle) wie Gabapentin, Pregabalin
  • Antidepressiva wie Amitryptilin
  • Opioide wie Tramadol oder Morphin
  • Lidocain-Pflaster
  • Pflaster mit Capsaicin
  • als Ersatzmedikamente Carbamazepin oder Duloxetin.

Wenn die Hautempfindlichkeit des betroffenen Dermatoms intakt ist, empfehlen manche Ärzt*innen auch die Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS). Die elektrische Stimulation des betroffenen Gebietes verursacht (gewünschte) Missempfindungen wie Kribbeln oder Taubheitsgefühl, wodurch die Schmerzempfindung selbst verringert wird. Daneben können auch andere Verfahren der physikalischen Therapie, z. B. Kälte- oder Wärmeanwendungen helfen, die Beschwerden der Post-Zoster-Neuralgie abzumildern.

Hinweis: Eine Post-Zoster-Neuralgie kann psychisch sehr belastend sein. In manchen Fällen sind Verhaltens- oder Psychotherapien hilfreich, um besser mit den chronischen Schmerzen umzugehen.

Stärkste Waffe: Impfung

Ein besonders starkes Mittel gegen die Gürtelrose und ihre Komplikationen ist die Zosterimpfung. Es gibt sie mit einem abgeschwächten Virus als Lebendimpfstoff und als Totimpfstoff. Letzterer soll effektiver sein und einen längeren Impfschutz bieten, weshalb dieser von der STIKO vorgezogen wird. Sie empfiehlt die Zosterimpfung mit dem Totimpfstoff

  • allen Personen über 60
  • Menschen ab 50 Jahren, die ein erhöhtes Risiko für Herpes zoster haben (z.B. aufgrund einer immunsuppressiven Therapie oder einer Grunderkrankungen wie Diabetes, COPD, oder rheumatoider Arthritis).

Die Impfung erhöht die zelluläre Immunabwehr und unterstützt dadurch den Körper, die in den Nervenzellen sitzenden Varizellenviren weiter in Schach zu halten.

Für einen vollständigen Schutz sind zwei Impfungen mit einem Abstand von zwei bis sechs Monaten erforderlich. Ob eine Auffrischung nötig ist, wird noch diskutiert. Bis jetzt gehen die Expert*innen davon aus, dass Geimpfte etwa zehn Jahre lang vor einer Gürtelrose bewahrt werden.

Hinweis: Die Zoster-Impfung verträgt sich gut mit anderen Impfungen. Auch eine Covid-19-Impfung ist kein Grund, darauf zu verzichten. Zur Sicherheit empfiehlt die STIKO bei der Zoster-Impfung lediglich, vor und nach der Covid-19-Impfung 14 Tage Abstand einzuhalten.

Quellen: DAZ 2021, Nr. 18, S. 38; RKI

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Rawpixel.com/shutterstock.com