Gesundheit heute

Gynäkomastie

Gynäkomastie: Gutartige und vorübergehende Zunahme von Brustdrüsengewebe beim Jungen oder Mann. Bis zu 90 % der männlichen Neugeborenen haben eine Gynäkomastie, die sich spontan innerhalb von 4 Wochen nach der Geburt zurückbildet. Tritt eine Gynäkomastie bei älteren Kindern auf, sind häufig Hormonschwankungen während der Pubertät oder Übergewicht dafür verantwortlich. Eine Therapie ist meistens nicht nötig.

Leitbeschwerden

  • Einseitiges oder beidseitiges Spannungsgefühl der Brüste
  • Berührungsempfindlichkeit des Warzenhofes (Mamille).

Wann in die Kinderarztpraxis

In den nächsten Tagen, wenn

  • bei Ihrem Sohn das Brustgewebe sehr rasch zunimmt
  • aus der Brustwarze ein milchartiger Ausfluss tritt
  • die Beschwerden länger als 2 Jahre dauern oder erst ab dem 17. Lebensjahr auftreten.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Neugeborenengynäkomastie. 2–3 Tage nach der Geburt schwellen bei einem Großteil der Neugeborenen (sowohl bei Mädchen als auch bei Jungen) die Brüste an, manchmal auf einer Seite stärker als auf der anderen. Oft sind Knoten im Brustbereich zu spüren. Dies ist eine normale Reaktion auf die mütterlichen Hormone, die das Kind über die Blutbahn im Mutterleib in seinen Körper aufgenommen hat und die nun langsam abgebaut werden. Innerhalb eines Monats bildet sich die Schwellung meist von selbst zurück.

Pubertäre Gynäkomastie. Kommt es beim Jungen oder beim Mann zu einer gutartigen Zunahme von Brustdrüsengewebe, entwickeln sich bei ihm also Brüste, so wird das in der Medizin als Gynäkomastie bezeichnet. Bei etwa 70 % der Jungen ist das in der Pubertät recht häufig: Durch ein vorübergehendes Ungleichgewicht zwischen Testosteron und Östrogenen (letztere Hormone bildet auch der Junge in kleinen Mengen) entsteht eine ein- oder beidseitige "echte" Gynäkomastie. Auch diese Form der Gynäkomastie klingt meist von selbst ab. Dies kann jedoch einige Jahre dauern.

Pseudogynäkomastie. Auch übergewichtige Kinder lagern ihr Fett oft verstärkt im Brustbereich ab, sodass "Brüste" zu sehen sind. Bei dieser Pseudogynäkomastie – auch "unechte" Gynäkomastie oder Lipomastie genannt – ist das Brustdrüsengewebe selbst nicht vergrößert.

Ursachen

Die Ursachen einer Gynäkomastie sind vielfältig. Nur selten steckt eine Krankheit dahinter – und zwar dann, wenn das Brustgewebe rasch zunimmt oder wenn milchartige Absonderungen aus der Brustwarze treten. Die Ärzt*in sucht dann nach eventuell zugrunde liegenden Hormonstörungen, Tumoren oder auch genetischen Störungen wie etwa einem Klinefelter-Syndrom.

Andere Erkrankungen wie Brustkrebs, Hodenkrebs oder Nebennierenkrebs, eine Schrumpfleber oder ein chronisches Nierenversagen, treten eher bei erwachsenen Männern auf. Auch bestimmte Substanzen wie Drogen oder Medikamente können eine Gynäkomastie auslösen.

Diagnosesicherung

Palpation. In einem ersten Schritt wird die Kinderärzt*in die Brust und das Drüsengewebe ein- oder beidseitig abtasten (Palpation) und dann bereits die Diagnose stellen. Meistens sind keine weiteren Untersuchungen notwendig. Eine durch Adipositas entstandene Gynäkomastie ist ohne weitere apparative Untersuchungen erkennbar.

Ultraschall. Bei Bedarf durchleuchtet die Ärzt*in per Ultraschall die Brust, um bösartige Veränderungen auszuschließen.

Behandlung

Da die Gynäkomastie keine wirkliche Erkrankung ist, ist auch keine Behandlung notwendig. Hier reicht meist die regelmäßige Untersuchung in der Kinderarztpraxis.

Nur bei erwachsenen Männern wird eine operative Entfernung der Brustdrüse erwogen.

Prognose

Die Gynäkomastie bildet sich bei Neugeborenen meist innerhalb von 4 Wochen spontan zurück; auch bei älteren Jungen verschwindet sie in den meisten Fällen innerhalb von 6 Monaten bis 2 Jahren, ohne dass eine Behandlung erforderlich ist.

Ihre Apotheke empfiehlt

Was Sie als Eltern tun können

  • Am wichtigsten ist es, Ihrem Sohn zu erklären, dass die Gynäkomastie ein harmloser und vor allem vorübergehender Zustand ist.
  • Hält die Gynäkomastie länger an, ist besonders bei Jugendlichen der Leidensdruck oft hoch. Versuchen Sie, Ihr Kind emotional zu unterstützen und zögern Sie nicht, eine Psycholog*in hinzuzuziehen.
  • Bei einer Pseudogynäkomastie ist es wichtig, dass Ihr Kind nicht weiter an Gewicht zunimmt. Achten Sie deshalb auf eine gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung. Ernährungsberatung und Sportprogramme können Ihnen dabei helfen, dauerhaft einen gesunden Lebensstil für die ganze Familie einzuführen. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran, erleichtert das die Umstellung für Ihr Kind.

Von: Dr. med. Herbert Renz-Polster in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dagmar Fernholz, Bettina Bobinger
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Corona belastet Kinder extrem

Nicht mehr draußen mit anderen spielen zu dürfen belastet Kinder sehr.

Corona belastet Kinder extrem

Keine Freunde, kein Sport

Kinder stecken viel weg, sagt man immer. Doch in puncto Coronapandemie scheint das nicht zuzutreffen. Ein Jahr nach Beginn der Pandemie leidet fast jedes dritte Kind unter psychischen Auffälligkeiten, so eine aktuelle Studie.

Wieder über 1000 Kinder befragt

Schon im ersten Lockdown wurden im Rahmen der COrona-und PSYche-Studie (COPSY) 7 bis 17-Jährige zu den Auswirkungen der Pandemie auf ihre seelische Gesundheit und ihr Wohlbefinden befragt. Mitte Dezember bis Mitte Januar starteten die Forscher*innen des Universitätsklinikums Hamburgs eine zweite Befragungswelle mit mehr als 1000 Kindern und Jugendlichen und über 1600 Eltern. Die Ergebnisse sind weiterhin wenig erfreulich.

Die allermeisten fühlen sich stark belastet

85% der Kinder und Jugendlichen fühlten sich durch die Coronapandemie stark belastet, beim ersten Lockdown Mai/Juni 2020 waren dies mit 70% etwas weniger. Schon vor der Krise hatten 3 von 10 Kindern eine reduzierte Lebensqualität. Im ersten Lockdown stieg dieser Anteil jedoch auf 6 von 10, im Zeitraum Dez/Januar 2021 auf 7 von 10.

Die Schulsituation schilderten 90% der Kinder als genauso oder sogar noch anstrengender als im ersten Lockdown. Nur 10 % der Kinder haben sich offenbar daran gewöhnt und fühlen sich inzwischen weniger belastet als damals. Verschlechtert hat sich außerdem bei 40% der Befragten ihr Verhältnis zu Freunden. Das Gleiche gilt für das Gesundheitsverhalten: Inzwischen machen zehnmal mehr Kinder als vor der Pandemie keinen Sport mehr, im ersten Lockdown waren dies nur doppelt so viele. Auch die Ernährung bleibt suboptimal, es werden weiterhin zu viele Süßigkeiten verzehrt.

Insgesamt gibt es auch mehr Streit in den eigenen vier Wänden. Besonders betroffen sind davon sozial schwache Familien in beengtem Umfeld. Hier haben Wut, Aggressionen und psychosomatische Beschwerden deutlich zugenommen.

Die Quittung: Ängste und Kopfschmerzen

Da wundert es nicht, dass sowohl im ersten wie auch im zweiten Lockdown jedes dritte Kind psychische Auffälligkeiten zeigt (vor Corona waren es 2 von 10). Typische Beschwerden sind Ängste und Sorgen, Niedergeschlagenheit und vor allem auch Kopf- und Bauchschmerzen. Offenbar haben sich die Kinder nicht wie erhofft an die schwierige Situation und die Unsicherheiten gewöhnt, erklärt Ulrike Ravens-Sieberer, Leiterin der COPSY-Studie.

Gute Familienstruktur hilft

Helfen kann den Kindern ein guter Familienzusammenhalt, betont Ravens-Sieberer: „Unsere Ergebnisse zeigen erneut: Wer vor der Pandemie gut dastand, Strukturen erlernt hat und sich in seiner Familie wohl und gut aufgehoben fühlt, wird auch gut durch die Pandemie kommen.“ Sie fordert verlässlichere Konzepte, um insbesondere Kinder aus Risikofamilien zu unterstützen und ihre seelische Gesundheit zu stärken.

Quelle: COPSY-Studie

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: L Julia/Shutterstock.com