Gesundheit heute

Gedeihstörungen

Gedeihstörung: Gestörte gesamtkörperliche Entwicklung des Kindes.

Eine Gedeihstörung entsteht, wenn das Kind entweder nicht genug isst, das Essen unzureichend verwertet oder es mehr Energie braucht, als es aus der Nahrung erhält. In der Regel liegt eine andere Erkrankung zugrunde. Die betroffenen Kinder sind für ihr Alter und für ihre Größe zu leicht. Ihr Gewicht liegt entweder unter der 3. Perzentile der Gewichtskurve (d. h. sie sind leichter als 97 % ihrer Altersgruppe) oder sie rutschen auf der Gewichtskurve immer weiter von ihrem bisherigen Verlauf ab (etwa von der 75. Perzentile unter die 25. Perzentile). Besteht die Gedeihstörung länger, so ist auch das Längenwachstum betroffen (ein solcher Kleinwuchs hat auch zahlreiche andere Ursachen).

Symptome und Leitbeschwerden

  • Für das Alter und die Größe zu geringes Gewicht
  • Gewichtsverlust oder fehlender Zuwachs gegenüber Voruntersuchung (um mehr als 2 Hauptperzentilen
  • Verzögerte kognitive Entwicklung
  • Motorische Störungen.

Wann zum Kinderarzt

In den nächsten Tagen, wenn

  • Ihr Kind für sein Alter und seine Größe zu leicht ist.
  • Ihr Kind über uncharakteristische Bauchschmerzen klagt.
  • Ihr Kind unklare Fieberepisoden hat, da diese oft Anzeichen für Harnwegsinfekte sind.
  • Ihr Kind permanent abgeschlagen und müde ist, unter starkem Durst leidet und häufig Wasser lassen muss. Hier besteht die Gefahr von Diabetes mellitus.

Hinweis: Jede echte Gedeihstörung ist ein Notfall. Denn wenn Kinder nicht gedeihen, so fehlt ihnen auch die Energie für eine gesunde Entwicklung.

Die Erkrankung

Vor allem die Großeltern vermuten bei dünnen Enkelkindern oft Gedeihstörungen. Doch wenn diese Kinder leistungsfähig sind, sind es ganz normale Kinder, bei denen man eben "die Rippen zählen kann". Solange das Längenwachstum normal verläuft, ist das ein Zeichen dafür, dass es dem Körper nicht an Energie mangelt. Oft wird in diesem Zusammenhang auch vergessen, dass Kinder nach Abbau des Babyspecks natürlicherweise sehr wenig Fett am Körper haben. Der Body Mass Index (BMI) erreicht zwischen einem Alter von 5 und 6 Jahren ein natürliches Tief – Kinder, bei denen in diesem Alter die Rippen nicht zu zählen sind, haben ein erhöhtes Risiko, später Übergewicht mit sich herumzuschleppen.

Ursachen und Risikofaktoren

Viele Krankheiten verursachen letzten Endes eine Gedeihstörung:

  • Die gestörte Aufnahme durch den Darm (Malabsorption) im Kindesalter ist eine häufige Ursache der Mangelernährung und somit der Gedeihstörung; typisch hierfür sind chronischer Durchfall (Diarrhö) mit mehr als 4 x Stuhl pro Tag über mehr als 4 Wochen) und/oder Fettstuhl. Weitere Krankheiten, bei denen die Nahrungsaufnahme oder Verdauung gestört ist, sind z. B. die Magenpförtnerenge, die Refluxkrankheit, die Kuhmilchallergie, die Zöliakie oder chronische Darmentzündungen.
  • Mechanische Essstörungen wie angeborener anatomischer Defekt oder schwerer gastro-ösophagealer Reflux
  • Stoffwechselkrankheiten, z. B. Diabetes oder seltene angeborene Stoffwechselstörungen
  • Chronische Entzündungen wie rheumatische oder Autoimmunerkrankungen
  • Schwere Organstörungen, z. B. ein Herzfehler, Nieren- und Lebererkrankungen
  • Erhöhter Energiebedarf beispielsweise durch eine gesteigerte Bewegungsunruhe bei neurologischen oder psychiatrischen Erkrankungen.

Gar nicht so selten findet der Arzt jedoch bei einer Gedeihstörung keine organische Ursache und geht dann von einer psychosozialen Ursache aus:

  • Zu viel Stress zu Hause, zu wenig Unterstützung durch die Eltern oder auch Krisen in der Elternbeziehung
  • Vernachlässigung, Armut und (bei uns sehr selten) Mangel an Nahrung.

Komplikationen

Bei Kindern mit Gedeihstörungen besteht ein erhöhtes Risiko für Kleinwuchs, Verhaltensprobleme und Entwicklungsverzögerungen.

Diagnosesicherung

Da die Gedeihstörung keine eigenständige Erkrankung ist, sondern von anderen Erkrankungen verursacht wird, ist die Suche nach dieser Grunderkrankung nicht selten langwierig.

Begutachtung. Der erste Schritt bei der Diagnose besteht zunächst darin, festzustellen, ob das Kind wirklich hinter seinem Wachstumspotenzial zurückbleibt. Dazu wird der Arzt zunächst den Wachstumsverlauf der letzten Monate und Jahre prüfen und auch errechnen, auf welcher Perzentile das Gewicht des Kindes in Bezug auf die Körpergröße liegt.

Untersuchung. Eine gründliche Untersuchung schließt sich an, evtl. auch Blut-, Stuhl- und Urinuntersuchungen, um beispielsweise eine Entzündung des Magen-Darm-Traktes auszuschließen.

Ernährungsprotokoll. Womöglich lässt der Arzt auch eine Woche lang ein Tagebuch über die Ernährung führen.

Behandlung

Ergibt sich durch die Untersuchungen ein gezielter Verdacht, wird entsprechend behandelt. Dazu gehört evtl. auch eine stationäre Aufnahme. Gedeiht das Kind dort besser und wird eine zugrunde liegende Erkrankung nicht gefunden, so deutet dies auf eine psychosoziale Ursache hin. In einem solchen Fall benötigt also die ganze Familie Hilfe.

Ergibt sich kein Hinweis auf eine Gedeihstörung, das heißt, bescheinigt der Kinderarzt Ihrem Kind, dass es in vertretbarem Tempo "zulegt", so sollte dieses Thema möglichst nicht mehr angesprochen werden.

In manchen Fällen ist es notwendig, das Kind im Krankenhaus zu behandeln. Hier wird es wieder "aufgepäppelt" durch eine parenterale Ernährung, also eine Nährstoffzufuhr durch eine Infusion, oder durch eine "Astronautenkost", die getrunken oder mittels Sonde verabreicht wird.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie als Eltern tun können

Ist die Ursache erkannt, richtet sich die Therapie nach der Grunderkrankung. Zusätzlich können Sie die Normalisierung des Körpergewichts aktiv unterstützen:

Erhöhte Nahrungszufuhr. Bieten Sie Ihrem Kind die Wunschkost, die es am liebsten isst. Also auch mal Pommes frites oder Schokoladenfondue. Stellen Sie den Obstkorb so auf, dass Ihr Kind ihn auch sieht. Auch wenn Ihr Kind Obst eigentlich "uncool" findet – die eine oder andere Banane oder Erdbeere findet trotzdem ihren Weg in den Bauch Ihres Kindes.

Auf kalorienhaltige Getränke würden wir trotzdem verzichten – sie sind zwar beliebt, aber verschlechtern meist das Essverhalten bei den Hauptmahlzeiten und sind deshalb in der Summe eher kontraproduktiv. Nichts spricht aber dagegen, bei besonderen Anlässen wie im Freibad mal eine Cola oder ein anderes Süßgetränk zu spendieren.

Regelmäßige Mahlzeiten. Seien Sie Ihrem Kind ein Vorbild. Eine hastige Mahlzeit im Stehen ist weder für Sie gut, noch fördert es das Gedeihen Ihres Kindes. Nehmen Sie wenigstens eine Mahlzeit am Tag gemeinsam ein und lassen Sie sich und Ihrem Kind dabei Zeit. Setzen Sie es dabei nicht mit Aussagen unter Druck wie "Du musst jetzt essen!" oder "Du stehst nicht eher auf, bis der Teller leer ist!".

Von: Dr. med. Herbert Renz-Polster in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung der Sektionen „Beschreibung“, „Symptome und Beschwerden“, „Wann zum Kinderarzt“, „Die Erkrankung“, „Ihre Apotheke empfiehlt“ und „Ärztliche Behandlung“: Dagmar Fernholz
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Kinderaugen gut beobachten

Auch wenn das Schielen manchmal putzig aussieht, sollte es kontrolliert und gegebenenfalls behandelt werden.

Kinderaugen gut beobachten

Blinzeln, Schielen, schiefer Hals?

Vom Schielen bis zum Netzhauttumor — auch Kinderaugen können erkranken. Und weil die Kleinen eine Sehbehinderung selbst oft gar nicht wahrnehmen, ist die Aufmerksamkeit der Eltern gefragt. Diese Anzeichen zeigen, dass etwas mit den Augen nicht stimmt.

Vorsorgeuntersuchung nicht ausfallen lassen!

Ob ein Kleinkind richtig sieht, ist manchmal nur schwer zu beurteilen. Erschwerend kommt hinzu, dass einige Eltern die Vorsorgetermine in der Kinderarztpraxis aufgrund der Corona-Pandemie ausfallen lassen, berichtet die Kinderaugenärztin Samantha Feldman. Das ist ein großer Fehler: Denn wenn Augenprobleme nicht frühzeitig behandelt werden, drohen dauerhafte Sehbehinderungen.

Doch nicht nur Kinderärzt*innen, auch Eltern sollten die Augen der Kinder immer gut im Blick haben. Denn kleine Kinder können ihre Sehprobleme nicht beschreiben, erklärt die Augenärztin. Oft halten sie diese auch für ganz normal, da sie ja kein anderes Sehen kennen. Folgende Anzeichen sind verdächtig:

  • Schielen. Schielen muss immer von der Fachärzt*in kontrolliert und gegebenenfalls behandelt werden. Auch wenn es vermeintlich nur „leicht“ ist, wächst es sich nicht aus, sondern kann zu dauerhaften Sehbehinderung führen. In manchen Fällen liegt auch ein Pseudoschielen oder Pseudostrabismus vor. Bei breiter, flacher Nase oder ungünstig sitzenden Hautfalten etwa sieht es nur so aus, als würde das Kind schielen. Wächst das Kind, verliert sich dieser falsche Eindruck. Um ein echtes, behandlungsbedürftiges Schielen nicht zu übersehen, muss aber auch das Pseudoschielen ärztlich abgeklärt werden.
  • Ständiges Blinzeln oder Zusammenkneifen der Augen. Damit machen sich manchmal Kurz- oder Weitsichtigkeit, Schielen oder Astigmatismus bemerkbar. Auffälliges Blinzeln und Augen-Zusammenkneifen müssen daher immer in der Kinderarztpraxis angesprochen werden. Wenn nötig, wird das Kind dann zu einer auf Kinder spezialisierten Augenärzt*in überwiesen.
  • Nase am Bildschirm. Das Gleiche gilt, wenn das Kind beim Betrachten von Büchern oder Apps mit der Nase ganz eng an Buch oder Tablet klebt oder beim Fernsehen viel zu nah vor dem Gerät sitzt. Hier stecken oft Fehlsichtigkeiten dahinter, die abgeklärt werden müssen.
  • Ungewöhnliche Kopfhaltung. Wenn Kinder ihren Kopf immer wieder neigen, drehen oder schief halten, kann das mannigfache Gründe haben. Sie reichen von muskulären Fehlhaltungen über den Schiefhals bis zu Augenerkrankungen. Deshalb ist die Kinderärzt*in unbedingt darauf aufmerksam zu machen — wenn es nicht sowieso bei der Vorsorgeuntersuchung auffällt.
  • Hängendes Augenlid. Diese sind bei Kindern meist angeboren und führen je nach Ausmaß zu Sehstörungen. Seltener sind Nervenschädigungen daran schuld, dass ein Augenlid nach unten hängt. Auf jeden Fall sind herabhängende Augenlider immer abzuklären.
  • Weißer Pupillenreflex. Ein Alarmzeichen ist es, wenn beim Fotografieren mit Blitzlicht eine Pupille auf dem Foto weiß statt rot oder schwarz abgebildet wird. Dahinter können Fehlstellungen der Augen oder Fehlsichtigkeiten, aber auch ernsthafte Erkrankungen wie eine Linsentrübung oder ein Tumor stecken. Wenn Eltern einen solchen weißen Pupillenreflex bemerken, sollten sie mit ihrem Kind unbedingt die Kinderärzt*in aufsuchen.

Quelle: www.kinderärzte-im-netz.de

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Lena May/Shutterstock.com