Gesundheit heute

Übergewicht und Adipositas bei Kindern

Übergewicht: Zu hohes Körpergewicht im Vergleich zur Körpergröße (über der 90-%-Perzentilenkurve gleichgeschlechtlicher Altersgenossen; das entspricht einem BMI von ≥ 25). Heute sind in Deutschland bereits 18 % der Schulanfänger zu dick, bis zur Pubertät steigt dieser Anteil auf etwa 28 %. Jungen haben ein höheres Risiko, Übergewicht zu entwickeln.

Adipositas (krankhaftes Übergewicht, Fettleibigkeit, Fettsucht): Eine über das normale Maß hinausgehende Vermehrung des Körperfettes (über der 97-%-Perzentilenkurve gleichgeschlechtlicher Altersgenossen; das entspricht einem BMI von ≥ 30). Derzeit sind in Deutschland laut Schätzungen etwa 6 % adipös – und haben über kurz oder lang mit gesundheitlichen Problemen zu rechnen.

Symptome und Leitbeschwerden

Zunächst verursacht Übergewicht keine Beschwerden. Kinder gewöhnen sich an die zusätzlichen Pfunde.

Wann zum Kinderarzt

In den nächsten Wochen, wenn

  • Ihnen Ihr Kind zu „mollig“ erscheint oder über den Normalbereich der entsprechenden Wachstumskurven liegt.

In den nächsten Tagen, wenn

  • Ihr Kind verhältnismäßig rasch zunimmt und zusätzlich weitere Beschwerden wie Antriebslosigkeit oder Kurzatmigkeit bei Anstrengung bestehen.

Die Erkrankung

Die Entwicklung des Fettkörpers bei Kindern

Kinder starten ihr Leben mit einer Fettmasse von etwa 11 % des Körpergewichts, die sich bis Ende des 1. Jahres auf 25 % erhöht (Babyspeck). Diese Fettzunahme ist genetisch programmiert.

Ebenso programmiert ist die danach folgende Phase der Rückbildung des Fettgewebes, bis ins Alter von etwa 5 ½ Jahren. Am Ende der Kindergartenzeit hat der BMI sein Minimum erreicht – in diesem Alter sollten Kinder schlank sein. Erst mit dem Ende des 6. Lebensjahres steigt die Fettmasse wieder langsam an (sogenannter adiposity rebound) und nimmt dann mit der Pubertät – v. a. bei Mädchen – stark zu.

Ursache

Übergewicht entsteht – auch bei Kindern –, wenn auf Dauer die Energiebilanz positiv ist. Das heißt, das Kind nimmt Tag für Tag im Mittel mehr Energie zu sich, als es verbraucht.

Da reichen kleine Unterschiede: Isst oder trinkt es täglich zusätzliche 100 Kalorien mehr, das sind gerade mal 100 g Joghurt, schlägt sich dieses Zuviel in einem Jahr in zusätzlichen 10 kg Körpergewicht nieder. Aber wodurch entsteht diese positive Energiebilanz?

Risikofaktoren für Übergewicht

Bei den meisten übergewichtigen Kindern kommen wohl verschiedene ungünstige Umstände zusammen, sog. Risikofaktoren. Dazu zählen:

Vererbung. Ein hohes Risiko für Übergewicht haben Kinder, deren Eltern ebenfalls übergewichtig sind. Dabei wirken nicht nur die „Gene“, sondern in der Regel auch soziale Faktoren, die über die Eltern auf das Kind einwirken.

Frühe Prägungen. Zum Teil lässt sich das Übergewicht von Kindern auf frühe Prägungen zurückführen. Schon im Mutterleib werden möglicherweise die ersten Weichen für späteres Übergewicht gestellt:

  • So dürfte die vorgeburtliche Programmierung des Stoffwechsels eine Rolle spielen: Im Mutterleib unterversorgte Kinder stellen ihren Stoffwechsel langfristig auf „Sparbetrieb“ um. Aufgrund dieses sparsamen Kalorienverbrauches sind sie im Mutterleib häufiger übergewichtig.
  • Ebenso erhöht das mütterliche Rauchen während der Schwangerschaft das spätere Adipositas-Risiko deutlich.

Säuglingsnahrung. Es gibt Hinweise, dass die Fütterung mit Säuglingsmilchnahrungen Übergewicht begünstigt: So ist das Körpergewicht von „Flaschenkindern“ im Vergleich zu gestillten Kindern am Ende des 1. Lebensjahres bis 650 g höher. Das wird dadurch erklärt, dass nicht oder nur teilweise gestillte Kinder im Vergleich zu voll gestillten Kindern 20 % mehr Kalorien zu sich nehmen. Gestillte Kinder haben nicht nur ein insgesamt geringeres Risiko für späteres Übergewicht im Kindesalter, sondern sind auch weniger anfällig für Allergien.

Wie eine US-amerikanische Studie belegt, fördert jedoch nicht jede Säuglingsnahrung das Dicksein. Gewichtsprobleme hängen vielmehr davon ab, ob die Babys Nahrung aus getrockneter Kuhmilch erhalten oder aus Hydrolysaten, d. h. aus zerkleinerten Eiweißen. Hydrolysatmilch bekommen vor allem Säuglinge mit einer Milchzuckerunverträglichkeit gefüttert. Sie eignet sich aber auch für alle anderen Babys, da sie einer übermäßigen Gewichtszunahme und damit Übergewicht vorbeugt. Der Grund: Der Darm verwertet Hydrolysate besser als Kuhmilcheiweiße und sorgt so für ein frühzeitigeres Sättigungsgefühl. Dadurch nahmen in der Studie die Säuglinge, die mit Hydrolysatmilch gefüttert wurden, auch viel langsamer zu als die mit Kuhmilch gefütterten Babys.

Bewegungsmangel. Der zunehmende Bewegungsmangel bei Kindern schlägt sich in Fitnessuntersuchungen deutlich nieder: Konnten 1995 Berliner Schülerinnen mit 11 Jahren durchschnittlich noch 3,10 m weit springen, so waren es 4 Jahre später nur noch 2,78 m. Die Jungen stehen nicht nach: 10-Jährige, die 1970 im Schnitt bei einem 6-Minuten-Sprint noch 1150 m weit kamen, schaffen es heute nicht einmal mehr bis zur 900-m-Marke. Nach neueren Untersuchungen beginnt der Bewegungsmangel schon sehr früh im Kleinkindalter.

Essverhalten. Im Vergleich zu Erwachsenen spielt beim Entstehen von Übergewicht bei Kindern Bewegungsmangel eine größere Rolle als Überernährung, aber diese Aussage ist wissenschaftlich nur schwer zu sichern. Tatsache ist, dass die Portionsgrößen beim kommerziellen Nahrungsangebot stark zugenommen haben und dass über die Hälfte der Kleinkinder regelmäßig zu kaloriendichte und zu süße Kindernahrung (z. B. Fruchtquark oder Schokopudding) konsumiert. Wird vor allem Fastfood außer Haus verzehrt, steigt das Risiko, übergewichtig zu werden, deutlicher an als in einem Haushalt, in dem regelmäßig ausgewogen gegessen wird. Sehr häufig spiegelt diese Esskultur aber die Beziehungskultur in der Familie wider – was den deutlichen Einfluss des sozialen Hintergrundes mit erklärt.

Soziale Ursachen. Bei der Frage, warum sich Kinder heute weniger bewegen, schwingt immer die implizite Schuldfrage mit. Dabei hat Bewegungsmangel oft nichts mit bewussten Entscheidungen zu tun, sondern geht zumindest teilweise auf Änderungen der Lebenswelt zurück. Tatsache ist, dass die Lebenswelt von Kindern heute stärker vereinzelt (weniger Spielpartner in unmittelbarer Nähe), verinselt (Freunde sind nicht zu Fuß zu erreichen) und entstraßlicht ist (die Straße als Spielraum entfällt). Zudem entfallen wichtige Bewegungsroutinen für Kinder (z. B. der Schulweg). Gleichzeitig stehen attraktive, aber bewegungsarme Freizeitbeschäftigungen wie Fernsehen, Handy sowie Computerspiele zur Verfügung.

Adipositas betrifft in erster Linie eine Risikogruppe von Kindern aus sozial benachteiligten Familien sowie Immigrantenfamilien. Studien haben ergeben, dass Jungen und Mädchen aus sozial benachteiligten Familien dreimal so häufig adipös sind wie solche mit hohem Sozialstatus. Interessanterweise hat auch das (Über-)Gewicht älterer Geschwister einen messbaren Einfluss auf das Dickwerden.

Schlaf. Auch zu wenig Schlaf wird in Verbindung gebracht mit Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen: Jede zusätzliche Stunde täglicher Schlaf soll den BMI um 0,48 sinken lassen.

Körperliche Ursachen. Sehr selten beruht das Übergewicht bei Kindern auf körperlichen Ursachen wie:

  • Hormonstörungen. Hierzu zählen die Verlangsamung des Stoffwechsels durch eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) oder die Nebennierenrindenüberfunktion, bei der zu viel Kortisol gebildet wird, das die Fetteinlagerung v. a. am Körperstamm fördert.
  • Erblich bedingte Erkrankungen. Vereinzelt führen auch Erkrankungen wie Trisomie 21 oder Prader-Willi-Syndrom und/oder Medikamente wie Neuroleptika, Antidepressiva und Insulin) zu einer Gewichtszunahme.

Diagnosesicherung

Messen und Wiegen. Ob eine Person übergewichtig ist oder nicht, wird auf verschiedene Art und Weise beurteilt. Allerdings ist das bei Kindern schwerer zu bestimmen als bei Erwachsenen. Die einfache Rechnung mit Gewicht und Körpergröße (sogenannter Body-Mass-Index, BMI) wie bei Erwachsenen eignet sich nur bedingt. Da Kinder diverse Entwicklungsphasen durchlaufen, in denen eine körperliche Fülle normal ist (Babyspeck), müssen neben der Körpergröße und dem Gewicht auch das Alter und das Geschlecht berücksichtigt werden. Aus diesem Grund werden häufig spezielle Kurven (Perzentilenkurven) herangezogen, die sowohl Größe und Gewicht, aber zusätzlich auch das Alter des Kindes einbeziehen.

Wie bei Erwachsenen mit Adipositas schließt die Kinderärzt*in zunächst Krankheiten als mögliche Ursachen aus und untersucht das Kind auf bereits vorhandene Schäden.

Untersuchung von Blut, Blutfetten, Blutdruck- und Blutzuckerwerten. Steht die Diagnose „Übergewicht“ oder „Adipositas“ fest, werden regelmäßig Blutdruck und einige Blutwerte nüchtern kontrolliert (Cholesterin, HDL-/LDL-Cholesterin, Triglyzeride, Glucose und Leberenzym), um Folgeerkrankungen frühzeitig zu erkennen.

Behandlung

Ab wann einem adipösen Kind eine Therapie anzuraten ist, ist derzeit nicht zu beantworten. Langfristige, d. h. über 3–5 Jahre anhaltende Erfolge, sind bisher nicht sicher nachgewiesen. Ob die Therapie nur nichts nutzt oder vielleicht sogar schadet, ist ebenfalls nicht bekannt – mögliche Nachteile der fast immer scheiternden Gewichtsreduktion auf die emotionale Entwicklung des Kindes sind nicht ausgeschlossen. Die Krankenkassen erstatten die Kosten einer Therapie derzeit nur in extremen Fällen sowie bei zusätzlichen Risikofaktoren oder Krankheiten.

Therapieziele. Bei Kindern hilft es wenig, eine Diät zu verordnen oder bestimmte Lebensmittel zu streichen. Meist reicht es bei noch wachsenden Kindern aus, das Körpergewicht zu halten, das Bewegungsverhalten und die Ernährung zu verbessern und Komplikationen von Übergewicht und Adipositas vorzubeugen.

Therapieformen

  • Von den etwa 1.000.000 adipösen Kindern in Deutschland werden derzeit etwa 1,2 % in ambulanten Therapieprogrammen behandelt. Für Kinder unter 6 Jahren stehen derartige Therapieprogramme bisher nicht zur Verfügung.
  • Vor Diäten muss gewarnt werden; sie versagen schon bei den meisten Erwachsenen. Zudem ist wissenschaftlich bewiesen, dass Kinder, die ihr Übergewicht immer wieder mit Diäten bekämpfen, häufiger Essstörungen bekommen wie Bulimie oder Magersucht und insgesamt deutlich mehr an Gewicht zunehmen [201].
  • Medikamente und Formeldiäten spielen bisher keine Rolle in der Therapie des kindlichen Übergewichts.
  • Operative Therapie: Dass die Übergewichtschirurgie auch bei Jugendlichen wirksam ist, ist nachgewiesen; allerdings sind Komplikationen nicht auszuschließen. Ein Banding des Magens (Magenband) kommt nur bei älteren Jugendlichen mit schwerer Adipositas infrage und setzt zudem voraus, dass die anderen Behandlungsansätze erfolglos waren. Das Magenband schränkt die Magenfüllkapazität erheblich ein; es tritt schneller ein Sättigungsgefühl auf. Hierzulande kommt als OP-Methode vor allem der Magenbypass, eine Magenverkleinerung, zum Einsatz. Im Vergleich zum Magenband wird hierbei eine höhere Gewichtsreduktion ermöglicht, und eine Nachoperation ist seltener erforderlich.

Prognose

Übergewichtige Kinder bleiben meist auch als Erwachsene übergewichtig. Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 75 % aller Kinder, die im Alter von 10–11 Jahren einen BMI > 23 haben, im Erwachsenenalter sogar adipös sind.

Übergewicht und Adipositas haben bei Kindern langfristig die gleichen Folgen wie Adipositas bei Erwachsenen, manche Schäden treten schon im Kindesalter auf. Je früher die Adipositas beginnt, desto schwerwiegender sind die späteren Folgekrankheiten:

Diabetes mellitus. Bei immerhin einem Drittel der adipösen Kinder lassen sich Störungen des Zuckerstoffwechsels nachweisen, 1 % hat bereits einen Typ-2-Diabetes.

Psychosoziale Belastungen. Auch psychische Probleme und Verhaltensauffälligkeiten wie Essstörungen (Anorexia nervosa und Bulimie), Depressionen und geringes Selbstwertgefühl sind bei übergewichtigen Kindern häufiger (der ursächliche Zusammenhang ist allerdings wie bei Erwachsenen nicht gesichert).

Störungen im Hormonhaushalt. Die erste Regelblutung tritt wegen der vermehrten Östrogenproduktion im Fettgewebe früher ein, Zyklusstörungen sind häufig. Auch beschleunigt sich das Längenwachstum bei adipösen Kindern oft stark (da es aber früher zum Stillstand kommt, ist die Endgröße in etwa gleich).

Verschleißschäden am Stütz- und Bewegungsapparat. Am Skelett drohen früh Überlastungserscheinungen, v. a. eine Ablösung der Wachstumsfuge des Oberschenkelkopfs (Wachstumsfuge) sowie eine Wachstumsstörung der Schienbeine mit Bildung von O-Beinen. Zusätzlich leiden Übergewichtige eher unter Rückenschmerzen sowie Senk-, Spreiz- und Plattfüßen.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Übergewicht verstärkt kardiovaskuläre Risikofaktoren und erhöht damit das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Schlaganfall, Herzinfarkt und Verengungen der Blutgefäße (Arteriosklerose) im Erwachsenenalter.

Entzündungen. Bei stark Übergewichtigen entwickeln sich zwischen den Hautfalten leicht Entzündungen (nässende Ekzeme).

Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom. Das Risiko für Atemaussetzer im Schlaf (Apnoe) ist bei übergewichtigen Teenagern erhöht.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie als Eltern tun können

Vorbild. Maßnahmen gegen Übergewicht sollten möglichst schon vor und während der Schwangerschaft und im Säuglingsalter erfolgen, spätestens jedoch im Kindergartenalter. Denn Kinder lernen in erster Linie von ihren Eltern und sehen genau, was diese machen! Das heißt: Eltern müssen mit gutem Beispiel vorangehen, denn sie bestimmen die Regeln im Alltag, mit denen die Kinder groß werden. Hierzu gehören beispielsweise die ausgewogene Zusammensetzung des Speiseplans, das Einhalten von gemeinsamen Mahlzeiten mit der Familie – in Ruhe und ohne Störung von Handy, PC oder laufendem Fernseher! – , die Häufigkeit und Art von Zwischenmahlzeiten, aber auch ein gesundheitsförderndes Bewegungsverhalten. Es gilt, einen gesunden Lebensstil attraktiv zu machen und den Kindern einen natürlichen Umgang mit Nahrung sowie ihrem eigenen Körper zu vermitteln. Die Eltern und älteren Geschwister sind dabei ein wichtiges Vorbild.

Akzeptieren. Ein nicht zu unterschätzendes Problem ist die Wahrnehmung der Eltern: Während die Gesellschaft kindliches Übergewicht immer stärker zum Thema macht, scheinen die Eltern in einer Art Wahrnehmungsfalle zu sitzen und nehmen das Übergewicht bei ihren Kindern nicht wahr. So unterschätzen nur 10 % der Mütter in Studien ihr eigenes Gewicht – dagegen unterschätzen fast 30 % das ihrer Kinder [219].

Lebensstil. Soll sich am Gewicht Ihres Kindes etwas ändern, müssen alle in der Familie an dem Prozess teilnehmen, das heißt, Ihr Kind muss nicht allein seinen Lebensstil ändern. Schließlich profitieren alle von der gesünderen Lebensweise.

Bewegung. Helfen Sie Ihrem Kind, sich regelmäßig und viel zu bewegen. Viele Randbedingungen haben Sie dabei in der Hand:

  • Hat Ihr Kind ein Fahrrad in geeigneter Größe? Wenn nicht, überlegen Sie, eines anzuschaffen. Falls der Preis ein Problem ist: Fast überall gibt es preiswerte gebrauchte Kinderäder.
  • Könnte Ihr Kind mit dem Fahrrad in die Schule und in die Jugendgruppe fahren – nimmt aber lieber den Bus? Dann erklären Sie, dass bei gutem Wetter das Fahrrad "dran" ist, aber wenn es regnet oder friert, Sie weiterhin den Bus bezahlen.
  • Wie verbringen Sie den Urlaub? Urlaube mit eingebauter Bewegung, egal ob in den Bergen, mit den Rädern oder auf dem Bauernhof sind gut – die Flugreise mit Badeurlaub eher ungünstig.
  • Bieten Sie Aktivitäten und kleine Abenteuer: für Kindergartenkinder etwa im Winter das Schneemannbauen, im Frühjahr das Blumenpflücken, im Sommer das Radeln zum Freibad und im Herbst das Sammeln bunter Blätter. Bei größeren Kindern ist das „wilde“ Zelten in unbekannter Umgebung immer ein Volltreffer.
  • Mit Aktivität und Abenteuer lassen sich auch Kindergeburtstage gestalten: Statt gemeinsamer Mediennutzung etwa sind Schnitzeljagden bis zum Ende der 3. oder 4. Klasse immer ein Hit – und gewährleisten zufriedene Kindergesichter.

Weiterführende Informationen

  • https://adipositas-gesellschaft.de/aga/ – Eine Übersicht über die derzeitigen ambulanten Therapieprogramme gibt die Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter der Universität Witten-Herdecke.
  • www.bzga-essstoerungen.de– Informationsportal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA, Köln): Mit BMI-Rechner für Kinder und Jugendliche.
  • www.adipositas-gesellschaft.de (Rubrik Leitlinien) – Website der Deutschen Adipositas-Gesellschaft e. V., Hamburg: Hier finden Sie die Leitlinie zur Vorbeugung und Behandlung der Adipositas im Kindes- und Jugendalter.

Weiterlesen:

Übergewicht und Adipositas bei Erwachsenen

Ursachen von Übergewicht

Übergewicht - ein Bilanzproblem

Von: Dr. med. Herbert Renz-Polster in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung der Sektionen „Beschreibung“, „Symptome und Beschwerden“, „Wann zum Kinderarzt“, „Die Erkrankung“, „Diagnosesicherung“, „Behandlung“, „Prognose“ und „Ihre Apotheke empfiehlt“: Dagmar Fernholz
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Kampf der Gürtelrose!

Die echte Gürtelrose blüht mit roten Papeln und Bläschen weniger hübsch.

Kampf der Gürtelrose!

Gegen Schmerzen, Juckreiz, Krusten

Mit Ausschlag, Kribbeln, Jucken und Schmerzen kann eine Gürtelrose ganz schön unangenehm werden. In jedem zehnten Fall drohen sogar langfristige Nervenschmerzen, die Schlaf und Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Lesen Sie, wo die Gürtelrose herkommt, wie sich akute und chronische Beschwerden am besten behandeln lassen und wie man sich mit der Zosterimpfung schützt.

Viren auf Wanderschaft

Plötzliche Schmerzen und ein roter, gürtelförmiger Ausschlag am Rumpf —die Symptome einer Gürtelrose sind leicht zu erkennen. Verantwortlich für den Spuk ist das Windpocken- oder Varizellenvirus (lateinisch Varizella-Zoster-Virus). Es gehört zu der Gruppe der Herpesviren, weshalb die Erkrankung medizinisch auch Herpes zoster genannt wird.

Das Varizellenvirus hat ganz besondere Eigenschaften. Infiziert man sich damit, erkrankt man zunächst an Windpocken. Nach dem Abheilen des juckenden Ausschlags verschwinden die Viren aber nicht. Stattdessen wandern sie in bestimmte Nervenzellen, die Ganglienzellen von Hirn- oder Spinalnerven. Dort lassen sie sich lebenslang nieder – in Schach gehalten vom körpereigenen Immunssystem. Schwächelt das Immunsystem, werden die Viren reaktiviert und befallen den Körper „von innen“ erneut. Geschwächt wird das Immunssystem z. B. durch

  • seelischen und körperlichen Stress
  • normale Alterungsprozesse
  • immunsuppressive Therapien, also Therapien die das Immunsystem gezielt unterdrücken (z. B. zur Behandlung von Krebs oder einer rheumatoiden Arthritis)
  • Immunerkrankungen, z.B. eine HIV-Infektion.

Manchmal tritt die Gürtelrose aber auch auf, ohne dass sich ein spezieller Grund dafür feststellen lässt.

Die typische Gürtelrose

Werden die Viren reaktiviert, wandern sie die Nervenfaser entlang in Richtung Körperoberfläche. Am häufigsten geschieht das im Bereich von Brustkorb und Rumpf. Auf der Haut lösen sie dann einen gürtelförmigen Ausschlag mit gleichförmigen Papeln und Bläschen auf rotem Grund aus. Zum charakteristischen Muster des Ausschlages kommt es, weil die Viren sich nicht frei, sondern entlang der Nervenfaser ausbreiten. Diese Nervenfasern sind wiederum gürtelförmig, also quer von der Wirbelsäule bis zur Vorderseite angeordnet. Der gürtelförmige Ausschlag ist so typisch, dass meist keine weitere Diagnostik erforderlich ist. Im Zweifel lassen sich die Viren aber auch durch Laboruntersuchungen von Blut oder Hirnflüssigkeit nachweisen.

Manchmal macht sich die Gürtelrose schon vor dem Hautausschlag durch Kribbeln oder Taubheitsgefühl bemerkbar. Ist sie voll erblüht, leiden die Erkrankten je nach Ausmaß unter

  • Fieber und starkem Krankheitsgefühl
  • Wundschmerzen im Bereich des Ausschlags
  • Nervenschmerzen im Bereich des befallenen Nervens, z. B. starke Missempfindungen (Ameisenlaufen, Juckreiz) und bohrende oder stechende Schmerzen.

Normalerweise heilt der Ausschlag innerhalb von zwei bis vier Wochen folgenlos aus. Bei jeder zehnten Patient*in dauern Schmerzen und Missempfindungen jedoch auch nach Abheilen des Hautausschlags an oder flackern nach einem beschwerdefreien Intervall wieder auf. In diesen Fällen spricht man von der Post-Zoster-Neuralgie. Deren Prognose ist nicht besonders gut: Bei einem Drittel der Betroffenen greift die Schmerztherapie nicht, und manche haben lebenslang mit den Beschwerden zu kämpfen (mehr dazu siehe unten).

Hinweis: Achtung, ansteckend! In den Bläschen des Ausschlags befinden sich massenweise Varizellenviren. Gürtelrose-Patient*innen können durch Schmierinfektionen andere infizieren. Ganz besonders gefährdet sind Schwangere, die noch keine Windpocken hatten. Bei einer Infektion kann das ungeborene Kind schwer geschädigt werden. Um jede Ansteckung zu vermeiden sollte der Ausschlag bis zum Abheilen gut abgedeckt (passende Pflaster dafür gibt es in der Apotheke) und der Kontakt zu Ungeimpften bzw. noch nicht an Windpocken Erkrankten vermieden werden.

Zoster in Ohr und Auge

Neben der typischen Gürtelrose gibt es auch andere Formen des Herpes zoster. Besonders unangenehm wird es, wenn die Varizellen in den Ganglienzellen der Hirnnerven sitzen und dort reaktiviert werden. Dann wandern sie die Nervenfasern entlang in Richtung Kopfhaut vor. Ist der Trigeminalnerv betroffen, kommt es zu einem Zoster ophthalmicus mit Ausschlag und Schmerzen im Bereich von Stirn, Nasenwurzel und Nasenrücken, meist begleitet von Fieber und einem starken Krankheitsgefühl. Es droht die Infektion des Auges mit Bindehautentzündung, Hornhautentzündung, Augenmuskellähmung und sogar der Gefahr der Erblindung. Ein Befall der Nerven, die für das Ohr zuständig sind, macht sich als Zoster oticus mit Ohrenschmerzen, Hörminderung, Schwindel und schmerzhafte Bläschen am Gehörgang bemerkbar.

Schwerste Formen des Herpes zoster sind der Befall des Gehirns (Zoster-Enzephalitis) oder die Ausbreitung der Varizellenviren über den gesamten Körper inklusive innerer Organe (Zoster generalisatus). Diese lebensbedrohlichen Varianten kommen bei Menschen vor, deren Immunsystem sehr geschwächt ist.

Hinweis: Eine weitere seltene Sonderform des Herpes zoster ist der „Zoster sine herpete“. Hier leiden die Betroffenen unter heftigen Schmerzen in einem Dermatom, es fehlt aber der typische bläschenförmige Ausschlag.

Wen kann es treffen?

Jeder, der einmal an Windpocken erkrankt war, beherbergt die Viren und kann Monate, Jahre oder Jahrzehnte später an einer Gürtelrose oder einer anderen Form des Herpes zoster erkranken. Allerdings steigt das Risiko mit dem Alter, weil das Immunsystem dann allgemein weniger gut arbeitet. Ab 50 ist jedoch nicht nur die Gefahr einer Virusreaktivierung erhöht. Auch die Schwere der Erkrankung nimmt zu.

Doch nicht nur durchgemachte Windpocken lassen eine Gürtelrose erblühen. Auch Menschen, die gegen Windpocken geimpft wurden, können an einem Herpes zoster erkranken. Denn das abgeschwächte Impfvirus zieht sich ebenso wie das „echte“ Virus in Ganglienzellen der Spinal- oder Hirnnerven zurück. Weil das Impfvirus sich jedoch weniger leicht reaktivieren lässt als sein natürlicher Verwandter tritt ein Zoster nach Impfung sehr selten auf. Und kommt es doch einmal dazu, verläuft die Erkrankung deutlich milder als der Herpes zoster durch das echte Virus.

Akut gegen Virus, Schmerz und Krusten

Die normale Gürtelrose ist zwar unangenehm, hat aber eine relativ gute Prognose. Etwa 70–80% der Fälle heilen mithilfe der passenden Therapie folgenlos aus. Diese ruht auf drei Säulen: Die Viren zu bekämpfen, Schmerzen und Juckreiz einzudämmen und das Abheilen der Bläschen zu fördern.

Antivirale Medikamente. Mit ihnen wird der Verlauf der Erkrankung abgemildert und die Ansteckungsgefahr reduziert. Deshalb wird auf die antivirale Therapie nur bei sehr leichten Verläufen darauf verzichtet. Zwingend erforderlich ist sie bei

  • Patient*innen über 50 Jahren
  • Zoster im Kopfbereich
  • stark ausgeprägtem Zoster, z. B. beim Befall mehrerer Dermatome am Rumpf
  • kompliziertem Verlauf
  • Immunschwäche.

Zum Einsatz kommen die Wirkstoffe Aciclovir, Valaciclovir, Famcicluvir und Brivudin. Je nach Präparat werden die antiviralen Medikamente drei- bis fünfmal täglich als Tabletten eingenommen. In schweren Fällen gibt man sie auch intravenös. Dies ist bei Zoster ophthalmicus oder Zoster oticus der Fall. Hier kombinieren die Ärzt*innen das Virostatikum auch oft mit Kortison, um das Risiko für gefährliche Komplikationen wie Seh- oder Hörverlust zu reduzieren.

Schmerztherapie. Der entzündliche Ausschlag verursacht oft unangenehme Wundschmerzen. Diesen begegnet man mit entzündungs- und schmerzlindernden Wirkstoffen wie Ibuprofen oder Paracetamol. Bei sehr starken Schmerzen kommen auch Opioide zum Zug, beispielsweise Oxycodon-Tabletten oder intravenös verabreichtes Morphin.

Ist der Nerv angegriffen, entwickeln sich zusätzlich neuropathische Schmerzen. Sie reichen von Kribbeln oder Taubheitsgefühl bis zum ausgeprägten Brennen, Bohren oder Stechen. Hier können Wirkstoffe helfen, die auch bei der Post-Zoster-Neuralgie eingesetzt werden, so zum Beispiel Gabapentin, Pregabalin oder auch das Antidepressivum Amitryptilin.

Lokaltherapie. Die lokale Therapie fördert die Abheilung und reduziert das Risiko einer bakteriellen Infektion des Ausschlags. Polihexanid-Gele beispielsweise wirken antiseptisch und helfen, die Verkrustungen zu lösen. Lösungen aus Polihexanid oder Octenidin sind ebenfalls antiseptisch und lindern Schmerzen und Missempfindungen durch ihren kühlenden Effekt. Synthetische Gerbstoffe verringern ebenfalls den Juckreiz und lassen die Läsionen abtrocknen.

Hinweis: Zur lokalen Therapie keine Schüttelmixtur mit Zink verwenden! Diese lindert zwar den Juckreiz, fördert jedoch neuen Untersuchungen zufolge eine bakterielle Infektion der Läsionen. Außerdem lässt sich unter der weißlichen Schicht das Abheilen des Ausschlags nicht gut kontrollieren.

Wenn die Post-Zoster-Neuralgie zubeißt

In etwa 10% der Fälle entwickeln die Betroffenen eine Post-Zoster-Neuralgie. Dabei bleiben die Nervenschmerzen länger als vier Wochen bestehen, obwohl der Hautausschlag längst abgeklungen ist. Manchmal entwickeln sie sich aber auch erst nach einem beschwerdefreien Intervall. Typisch sind Missempfindungen und starke brennende, bohrende oder stechende Schmerzen. Oft ist die Region auch besonders berührungsempfindlich, was beispielsweise das Scheuern von Gürteln oder BH-Trägern unerträglich machen kann.

Die Behandlung der Post-Zoster-Neuralgie ist kompliziert, oft müssen verschiedene Wirkstoffe probiert und kombiniert werden. Etwa 30% der Patient*innen werden auch durch intensive Maßnahmen nicht schmerzfrei. Zum Einsatz kommen

  • Antikonvulsiva (Medikamente gegen Krampfanfälle) wie Gabapentin, Pregabalin
  • Antidepressiva wie Amitryptilin
  • Opioide wie Tramadol oder Morphin
  • Lidocain-Pflaster
  • Pflaster mit Capsaicin
  • als Ersatzmedikamente Carbamazepin oder Duloxetin.

Wenn die Hautempfindlichkeit des betroffenen Dermatoms intakt ist, empfehlen manche Ärzt*innen auch die Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS). Die elektrische Stimulation des betroffenen Gebietes verursacht (gewünschte) Missempfindungen wie Kribbeln oder Taubheitsgefühl, wodurch die Schmerzempfindung selbst verringert wird. Daneben können auch andere Verfahren der physikalischen Therapie, z. B. Kälte- oder Wärmeanwendungen helfen, die Beschwerden der Post-Zoster-Neuralgie abzumildern.

Hinweis: Eine Post-Zoster-Neuralgie kann psychisch sehr belastend sein. In manchen Fällen sind Verhaltens- oder Psychotherapien hilfreich, um besser mit den chronischen Schmerzen umzugehen.

Stärkste Waffe: Impfung

Ein besonders starkes Mittel gegen die Gürtelrose und ihre Komplikationen ist die Zosterimpfung. Es gibt sie mit einem abgeschwächten Virus als Lebendimpfstoff und als Totimpfstoff. Letzterer soll effektiver sein und einen längeren Impfschutz bieten, weshalb dieser von der STIKO vorgezogen wird. Sie empfiehlt die Zosterimpfung mit dem Totimpfstoff

  • allen Personen über 60
  • Menschen ab 50 Jahren, die ein erhöhtes Risiko für Herpes zoster haben (z.B. aufgrund einer immunsuppressiven Therapie oder einer Grunderkrankungen wie Diabetes, COPD, oder rheumatoider Arthritis).

Die Impfung erhöht die zelluläre Immunabwehr und unterstützt dadurch den Körper, die in den Nervenzellen sitzenden Varizellenviren weiter in Schach zu halten.

Für einen vollständigen Schutz sind zwei Impfungen mit einem Abstand von zwei bis sechs Monaten erforderlich. Ob eine Auffrischung nötig ist, wird noch diskutiert. Bis jetzt gehen die Expert*innen davon aus, dass Geimpfte etwa zehn Jahre lang vor einer Gürtelrose bewahrt werden.

Hinweis: Die Zoster-Impfung verträgt sich gut mit anderen Impfungen. Auch eine Covid-19-Impfung ist kein Grund, darauf zu verzichten. Zur Sicherheit empfiehlt die STIKO bei der Zoster-Impfung lediglich, vor und nach der Covid-19-Impfung 14 Tage Abstand einzuhalten.

Quellen: DAZ 2021, Nr. 18, S. 38; RKI

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Rawpixel.com/shutterstock.com