Gesundheit heute

Der Weg zur professionellen Hilfe bei Kinderlosigkeit

Viele Paare, die sich schon längere Zeit um eine Schwangerschaft bemühen, entschließen sich, ärztlichen Rat und Hilfe zu holen. Erste Ansprechpartner sind in der Regel der Frauenarzt sowie der Urologe für den Mann. In größeren Städten gibt es mittlerweile auch auf die Fortpflanzungsmedizin spezialisierte Kinderwunschzentren.

Davon ausgehend, dass das Alter der Frau ein wichtiger Faktor für die Erfolgsaussichten einer Kinderwunschbehandlung sind, weisen viele Kinderwunschzentren Frauen, die älter als 40 Jahre alt sind, auf die deutlich geringeren Erfolgschancen reproduktionsmedizinischen Therapien hin, und bei einem Alter über 45 Jahren raten die Mehrzahl der Ärzte generell von ihnen ab.

Bevor die Ärzte mit den körperlichen Untersuchungen und der ausführlichen Sterilitätsdiagnostik (Sterilitätsdiagnostik bei der Frau, Sterilitätsdiagnostik beim Mann) beginnen, werden in einem ausführlichen Erstgespräch Fragen zu früheren Erkrankungen und eventuellen (Fehl-)Geburten abgeklärt. Aber auch intime Fragen zum Umgang mit der Sexualität oder zur Lebensweise (z. B. Alkohol- und Zigarettenkonsum) des Paares sind für die weitere Diagnostik unerlässlich:

  • Wie lange besteht der Kinderwunsch schon bei Ihnen?
  • Wer leidet in Ihrer Partnerschaft mehr unter dem unerfüllten Kinderwunsch, die Frau oder der Mann?
  • Wie häufig haben Sie Geschlechtsverkehr und wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Sexualität?
  • Hat sich Ihr Sexualverhalten im Hinblick auf Ihren Kinderwunsch verändert?
  • Was könnten die Ursachen für Ihre Unfruchtbarkeit sein?
  • Wie sollte Ihre Kinderlosigkeit behandelt werden und wo sehen Sie die Grenzen einer Sterilitätsbehandlung?
  • Wie geht es weiter, wenn die Behandlung erfolglos bleibt?

Für viele Paare ist es ungewohnt und vielleicht auch unangenehm solche Fragen zu beantworten, wichtig ist deswegen, sich an einen Arzt oder eine Ärztin zu wenden, denen man vertraut. Aber auch dann sollte man nur das von sich preisgeben, was man zu erzählen bereit ist.

Sinnvoll ist, zum Erstgespräch alle früheren Untersuchungsbefunde und Operationsberichte mitzubringen. Da sowohl beim Mann als auch bei der Frau Fruchtbarkeitsstörungen vorliegen können, werden grundsätzlich beide untersucht.

Zur Ursachenklärung der Kinderlosigkeit werden mehrere Untersuchungen durchgeführt, die teilweise sehr (zeit)aufwendig sind und den Betroffenen viel Geduld abfordern. Auch Angst und Unbehagen vor einer medizinischen Behandlung können sich zu diesem Zeitpunkt noch einstellen. Solche Gefühle sollten ernst genommen werden; oft hilft es, die Entscheidung und deren mögliche Folgen noch einmal ausführlich mit dem Partner oder einem professionellen Berater zu besprechen. Wichtig ist, dass sich das Paar gemeinsam für oder gegen eine Therapie entscheidet.

Die Kosten für das Gespräch und die ersten Untersuchungen übernimmt die gesetzliche oder private Krankenkasse; für die reproduktionsmedizinische Behandlung zahlt die Kasse unter bestimmten Voraussetzungen, beispielsweise muss das Paar verheiratet sein.

Weiterführende Informationen

  • www.repromed.de – Internetseite des Bundesverbands Reproduktionstechnischer Zentren Deutschlands, Düsseldorf: Gute Internetseite mit allen medizinischen und (kosten)rechtlichen Informationen zur ungewollten Kinderlosigkeit, einschließlich weiterführender Links und Adressen zu Reproduktionszentren und Selbsthilfegruppen.
  • www.donogene-insemination.de – Internetseite des Arbeitskreises Donogene Insemination, Fulda: Übersichtliche Information zur deutschen Rechtslage und Therapiemöglichkeiten. Mit Verlinkung zu bundesweit allen Samenbanken, Praxen, Kinderwunschzentren und Selbsthilfegruppen.

Weiterlesen:

  • Sterilitätsdiagnostik
  • Sterilitätstherapie

Von: Dr. med. Andrea Stadler, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
Zurück
Warum ist Mann unfruchtbar?

Eine Spermaprobe bringt die Unfruchtbarkeit meist ans Licht.

Warum ist Mann unfruchtbar?

Wenn das Vaterwerden nicht klappt

Wenn Paare keine Kinder bekommen, liegt´s in der Hälfte der Fälle am Mann. Gründe für die männliche Unfruchtbarkeit gibt es viele. Wie sich diese in den letzten 10 Jahren verändert haben, hat eine italienische Studie ans Licht gebracht.

Nach 6 Monaten klappt´s bei den meisten

Meist dauert es nicht mehr als 6 Monate bis zur Empfängnis, wenn sich gesunde Paare ein Kind wünschen. Ein Drittel darf sich sogar schon nach einem Monat über eine Schwangerschaft freuen, und etwa 90% schaffen es innerhalb eines Jahres.

Ist jedoch trotz ungeschützten Geschlechtsverkehrs auch nach einem Jahr noch kein Nachwuchs in Sicht, spricht man von Unfruchtbarkeit. Die Ursachen dafür sind gerecht verteilt: In einer Hälfte der Fälle liegt´s an den Männern, in der anderen an den Frauen.

Varikozelen sind die häufigste Ursache

Gründe für die männliche Unfruchtbarkeit gibt es viele. Italienische Forscher*innen haben nun untersucht, ob sich diese in den letzten 10 Jahren verändert haben. Dafür analysierten sie die Daten von knapp 1650 Männern, die sich in den Jahren 2008 bis 2018 aufgrund unerfüllten Kinderwunsches in einem andrologischen Zentrum behandeln ließen. Mit 37% am häufigsten störten Krampfadern am Hoden (sogenannten Varikozelen) die Fruchtbarkeit. Die zweitgrößte Gruppe waren Männer, bei denen sich keine Ursache für ihre Unfruchtbarkeit nachweisen ließ (30%), gefolgt vom Hypogonadismus mit verminderter oder fehlender Testosteronproduktion (10%) und Hodenhochstand (8%). Andere hormonelle Ursachen oder Drogenkonsum machten 8% der Männer unfruchtbar und genetische Anomalien 4%. Bei 3% der unfruchtbaren Männer waren die Samenwege nicht durchgängig.

Hodenhochstand als Ursache wird seltener

Die Gründe für die Unfruchtbarkeit veränderten sich im Verlauf der Zeit. So waren die Varikozelen insgesamt zwar Spitzenreiter der Unfruchtbarkeits-Ursachen. Bis zum Jahr 2018 wurden sie jedoch immer seltener. Das gleiche galt für den Hodenhochstand als Ursache für einen unerfüllten Kinderwunsch. Das liegt den Forscher*innen zufolge vermutlich daran, dass diese Erkrankungen inzwischen früher entdeckt und immer erfolgreicher behandelt werden.

Zugenommen haben dagegen die Fälle, bei denen die Ursache ungeklärt bleibt. Auch waren signifikant mehr Männer aufgrund von Drogenkonsum oder Hypogonadismus unfruchtbar. Letzteres könnte daran liegen, dass heute auch immer mehr ältere Männer sich ein Kind wünschen — auch wenn Hormone und Spermien aufgrund fortgeschrittenen Alters nicht mehr so recht auf Trab sind.

Quelle:Ärztezeitung

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Yuriy Maksymiv/Shutterstock.com