Gesundheit heute

IGeL-Vorsorgeuntersuchungen in der Inneren Medizin

Das Angebot an internistischen und allgemeinmedizinischen IGeL-Vorsorgeuntersuchungen ist sehr unübersichtlich geworden. Zudem besteht ein erhebliches Durcheinander bei den Begriffen. So werden viele der folgenden Tests als „erweiterter Check-up“ oder im Rahmen von „Anti-Aging-Paketen“ offeriert.

Die folgende Auswahl nennt die am häufigsten durchgeführten Leistungen:

Laborcheck Arteriosklerose-Risiko. Es ist bekannt, dass Arteriosklerose nicht nur durch Ablagerungen in den Gefäßen zustande kommt, sondern dass auch entzündliche Prozesse eine wichtige Rolle spielen. Entzündungszeichen können im Labor bestimmt werden (z. B. das so genannte C-reaktive Protein, CRP, und seine Unterfraktion hsCRP). Auch können bestimmte Veränderungen des Fett- und Vitaminstoffwechsels sowie Veränderungen der Blutgerinnung das Risiko erhöhen. Zur Bestimmung des Arteriosklerose-Risikos wird die Bestimmung von Lipoprotein [a], Homozystein, CRP und Fibrinogen im Blut angeboten.

Bewertung: Es gibt keinen wissenschaftlichen Beweis, dass diese Untersuchungen geeignet sind, das persönliche Risiko abzuschätzen. Denn: Die gemessenen Parameter korrelieren nur sehr vage mit dem Gefäßrisiko – der Test ist also zu ungenau.

Laborcheck Blutfette. Abnorme Blutfettwerte erhöhen das Risiko für Arteriosklerose und damit auch das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall. Als IGeL-Paket werden beim Blutfettlabor häufig die Werte Gesamtcholesterin, HDL-Cholesterin, LDL-Cholesterin und Triglyzeride bestimmt.

Eine genaue Analyse des Fettstoffwechsels ist bei bestehender Fettstoffwechselstörung oder einer koronaren Herzerkrankung (KHK) notwendig (und wird dann auch von der Kasse bezahlt). Für Herzgesunde besteht aber das große Problem der fehlenden Treffgenauigkeit (Spezifität) der Tests. Bei herzgesunden Patienten können leicht erhöhte Entzündungsmarker auch Folge einer leichten (vielleicht sogar unbemerkten) Infektion sein und müssen nicht mit einer KHK in Verbindung stehen.

Bewertung: Die Bestimmung des Gesamt-Cholesterins und des HDL-Cholesterins gehört zum Programm des im Abstand von 2 Jahren stattfindenden Check-ups, der von den Krankenkassen ab 35 Jahren übernommen wird. Nach wissenschaftlicher Einschätzung reicht die Bestimmung dieser beiden Werte aus, d. h., die Kenntnis der im Rahmen von IGeL-Vorsorgen zusätzlich bestimmten Triglyzeride und des LDL-Cholesterins bringt keine für die Früherkennung wichtigen zusätzlichen Informationen. Besteht ein begründeter Verdacht, z. B. bei familiärer Vorbelastung, sind diese Werte unter Umständen allerdings hilfreich.

Die Bestimmung der Blutfettwerte bei jüngeren Menschen (unter 35) leistet dann einen zweckmäßigen Beitrag zur Früherkennung, wenn bestimmte Risikofaktoren (z. B. Erkrankung an Diabetes, Bluthochdruck, familiäre Stoffwechselstörungen, Rauchen sowie familiäre Vorbelastungen für Herzinfarkt oder Schlaganfall) vorliegen.

Laborcheck Tumormarker. Die Bestimmung von Tumormarkern ist bei manchen Krebsformen hilfreich, um den Verlauf der Erkrankung oder die Wirksamkeit einer Therapie abzuschätzen, z. B. bei Brust-, Prostata-, Eierstock-, Dickdarm- oder Hodenkrebs sowie bei teilweise bei Lungenkrebs. In manchen Fällen sind durch Tumormarker auch Rezidive (Rückfälle) oder die Bildung von Metastasen erkennbar.

Bewertung: Für die Erstdiagnose einer Krebserkrankung reichen Tumormarker nicht aus, da sie nicht verlässlich nachweisbar sind und zu häufig eine falsche Sicherheit vortäuschen oder nicht gerechtfertigte Tests nach sich ziehen. Daher werden die Kosten zur Bestimmung von Tumormarkern zur Früherkennung von Krebs von den gesetzlichen Krankenkassen auch zu Recht nicht erstattet.

Laborcheck koronare Herzkrankheit. Zur Früherkennung der koronaren Herzkrankheit werden vor allem zwei IGeL-Leistungen angeboten: Das Belastungs-EKG und die Echokardiografie.

Bewertung: Während beide Tests gut geeignet sind, um einen Verdacht auf eine koronare Herzerkrankung abzuklären (dann werden die Kosten auch von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen), sind sie zur Früherkennung bei beschwerdefreien Menschen nicht geeignet. Unter bestimmten Umständen profitieren jedoch auch beschwerdefreie Menschen von den Tests, dann nämlich, wenn ein bisher Ungeübter größere körperliche Belastungen (wie z. B. Hochleistungssport) beginnen will. Hier kann das Belastungs-EKG eventuelle Risiken aufdecken. Und wer von einer erblichen Herzerkrankung (z. B. einer erblichen Herzmuskelerkrankung) betroffen ist, dem kann eine Doppler-Echokardiografie möglicherweise bei der frühen Erkennung helfen.

Laborcheck Herzinsuffizienz. Für den Laborcheck Herzinsuffizienz wird der Marker NT-proBNP bestimmt.

Lungenfunktionsprüfung. Die Lungenfunktionsprüfung wird insbesondere Rauchern angeboten, um etwaige Einschränkungen der Lungenfunktion erkennen zu können.

Bewertung: Einschränkungen der Lungenfunktion lassen sich bei jedem Raucher nachweisen, der mehr als nur eine oder zwei Zigaretten täglich raucht. Sie haben jedoch alleine – außer bei ausgeprägten Befunden – keinen Aussagewert. Zweckmäßig ist die Lungenfunktionsprüfung aber, wenn andere Beschwerden, z. B. ein chronischer Husten, bestehen. Dann aber werden sie auch von der Kasse bezahlt.

Laborcheck:

  • Anti-Aging-Labor bei der Frau, Anti-Aging-Labor beim Mann
  • Antioxidanzien-Status (Vitamine, Spurenelemente)
  • Chronisches Erschöpfungssyndrom
  • Diabetes-Risiko
  • Immunabwehr

Von: Dr. med. Herbert Renz-Polster in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
Zurück
Grippeimpfung schützt doppelt

Zwischen Covid-19-Impfung und Grippeimpfung sollten zwei Wochen Pause sein.

Grippeimpfung schützt doppelt

In Pandemiezeiten noch wichtiger

Jedes Jahr im Herbst geht es mit den Grippeimpfungen los. Doch momentan sind viele Menschen unsicher, ob sie sich in Pandemiezeiten überhaupt gegen die Grippe impfen lassen sollen. Manche befürchten, dass die Grippeimpfung das Risiko für eine schwer verlaufende Corona-Infektion erhöht. Diese Sorge ist unbegründet – offenbar ist sogar das Gegenteil der Fall.

Weniger Schlaganfälle und Venenthrombosen

Schon zu Beginn des Jahres betonte das Robert Koch-Institut (RKI), dass sich die Grippeimpfung nicht negativ auf eine etwaige Covid-19-Infektion auswirkt. Jetzt kommt zur Entwarnung noch ein Pluspunkt dazu: Einer umfangreichen US-amerikanischen Studie zufolge schützt die Grippeimpfung offenbar davor, bei einer Covid-19-Infektion schwere Komplikationen zu entwickeln.

Analysiert wurden die Daten von über 70000 Patienten, die mit Covid-19 infiziert waren. Die Hälfte von ihnen war im Zeitraum von sechs Monaten bis zwei Wochen vor ihrer Covid-19-Erkrankung gegen die saisonale Grippe geimpft worden. Die anderen hatten vorher keinen Grippeimpfschutz erhalten.

Die Grippe-Geimpften erlitten innerhalb der vier Monate nach Beginn ihrer Erkrankung seltener die für Covid-19-Infektionen typischen Komplikationen wie Venenthrombosen, Schlaganfälle oder Sepsis. Und nicht nur das: Sie kamen zudem deutlich seltener als Notfall in die Klinik und mussten weniger oft intensivmedizinisch versorgt werden.

Grippe ist ebenfalls lebensbedrohlich

Doch nicht nur der wahrscheinliche Schutz vor schweren Covid-19-Verläufen ist ein schlagkräftiges Argument für die Grippeimpfung. Die Influenza selbst ist eine potenziell lebensbedrohliche Erkrankung, die in ihren Wellen immer wieder Zehntausende Opfer fordert. Gefährdet sind vor allem Menschen über 60 Jahren und chronisch Kranke. Ihnen rät das RKI dringend dazu, sich mittels Impfung vor der Infektion zu schützen.

Ebenfalls impfen lassen sollten sich medizinisches Personal und Personen, die in Einrichtungen mit umfangreichem Publikumsverkehr arbeiten. Sie haben nicht nur ein erhöhtes Risiko sich zu infizieren, sie geben die Grippeviren auch vermehrt an andere weiter.

Die Impfungen gegen Covid-19 und die saisonale Influenza stören sich nicht gegenseitig. Allerdings sollte man sie nicht gleichzeitig verabreichen. Empfohlen wird ein Abstand von zwei Wochen zwischen beiden Impfungen. Das gilt sowohl für die Grundimmunisierung gegen Corona als auch für die – wahrscheinlich – kommende Auffrisch-Impfung.

Hochdosis für ältere Semester

Zum Einsatz kommen tetravalente Impfstoffe, die jedes Jahr an die zirkulierenden Virusvarianten angepasst werden. Weil ältere Menschen oft eine geringere Immunantwort auf Impfstoffe haben empfiehlt die STIKO, Personen über 60 Jahre mit einem Hochdosisimpfstoff zu impfen.

Quellen: RKI, PLOSone

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Hedgehog94/shutterstock.com