Gesundheit heute
Schlafstörung ohne andere Erkrankung als Ursache
Primäre Schlafstörung: Nichterholsamer Schlaf, der als eigenes Krankheitsbild auftritt, ohne andere nachweisbare Erkrankung. Sie äußert sich als Einschlaf- oder Durchschlafstörung und nimmt die Form zu frühen Erwachens oder einer Schlafrhythmusstörung an.
Die Häufigkeit von Schlafstörungen ist beträchtlich. Rund 30 % der Bevölkerung haben zumindest zeitweise mit Schlafstörungen zu kämpfen, wobei Frauen etwas häufiger als Männer betroffen sind, und ältere Menschen nach der Pensionierung viel häufiger als jüngere, im Berufsleben stehende.
Erst wenn die Beschwerden mindestens vier Wochen dauern, spricht man in der Schlafmedizin von Schlafstörungen. Etwa fünf Millionen Deutsche leiden unter behandlungsbedürftigen, schweren Schlafstörungen.
Die Behandlung des nichterholsamen Schlafs hat in den letzten Jahren vor allem durch die inzwischen verfügbaren verhaltensmedizinischen Behandlungsformen Fortschritte gemacht, wobei diese eine erhebliche Mitarbeit der Betroffenen erfordern.
Werden Schlafstörungen nicht behandelt, drohen Folgeerkrankungen wie depressive Verstimmungen, Verkehrsuntüchtigkeit im Straßenverkehr, Leistungsabfall am Arbeitsplatz und soziale Isolation im Privatleben.
Leitbeschwerden
Bei der Einschlafstörung:
- Stundenlanges Wachliegen am Abend mit Grübeleien und kreisenden Gedanken
- In ausgeprägten Fällen „Zwischenzustand“ mit in der Regel als unangenehm erlebten Tagträumen
- Aufgrund der anhaltenden Müdigkeit geht der Betroffene, wenn keine äußeren Zwänge vorliegen, immer früher zu Bett.
Bei der Durchschlafstörung:
- Längere Wachperioden in der Nacht (kurze Wachperioden sind aber Teil des normalen Schlafs!)
- Grübeleien und kreisende Gedanken
Vorzeitiges Erwachen:
- Aufwachen nach nur 2–5 Stunden Schlaf, ohne dass innerhalb angemessener Zeit wieder eingeschlafen werden kann
Bei allen Formen:
- Fehlender Erholungswert des Schlafs
- Ausgeprägte Tagesschläfrigkeit und vermehrter Tagesschlaf
- Gereiztheit
- Konzentrationsprobleme
- Vermehrte Empfindlichkeit gegen Genussmittel wie Koffein, Nikotin und Alkohol
- Verlust der Lebensfreude
- Häufig Symptome von depressiver Verstimmung oder von Angsterkrankungen.
Die Erkrankung
Tritt ein nichterholsamer Schlaf als eigenständige Erkrankung auf, äußert sie sich
- Als Einschlafstörung: Quälend langes Wachliegen bis der Schlaf eintritt, im Extremfall über drei Stunden lang.
- Als Durchschlafstörung: Oberflächlicher und „zerhackter“ Schlaf durch häufige und länger andauernde Wachperioden.
- Als vorzeitiges Erwachen: Erwachen nach nur wenigen Stunden Schlaf, ohne dass wieder eingeschlafen werden kann.
- Als Schlafrhythmusstörung: Störung des Wechsels von Wach- und Müdigkeitsphasen. Eine Schlafrhythmusstörung tritt zwangsläufig beim auf Jetlag, ist aber ansonsten eher Folge als Ursache des nichterholsamen Schlafs.
Das macht der Arzt
Die schlafmedizinische Therapie bei Schlafstörungen ohne zugrunde liegende chronische Erkrankung umfasst drei Formen:
- Medikamentöse Therapie
- Verhaltenstherapie
- Selbsthilfe in Form verbesserter Schlafhygiene.
Medikamentöse Therapie. Über ein Drittel der Patienten mit nichterholsamem Schlaf erhält vom Arzt Schlafmedikamente. Aber es ist eine offene Frage, welcher Prozentsatz dieser Verordnungen dem Betroffenen überhaupt hilft. Schlafmediziner argumentieren jedenfalls, dass für keines dieser Medikamente nachgewiesen werden konnte, dass es die Lebensqualität des Betroffenen wirklich verbessert, oder dass es besser wirkt als ein Placebo bzw. Selbsthilfemaßnahmen. Demgegenüber haben Schlafmittel gerade bei älteren Menschen teils bedenkliche Nebenwirkungen und sind häufig für Stürze und damit verbundene Knochenbrüche verantwortlich
Der Arzt wird Schlafmittel vor allem dann verordnen, wenn die Schlafstörung eine klare Ursache hat, wenn z. B. ein bevorstehendes Ereignis (Operation, Umzug, Gerichtstermin), ein einschneidendes Erlebnis (Unfall, Tod eines Angehörigen) oder eine andere kurzfristige Ausnahmesituation vorliegt.
Bei chronischen – also schon monatelang bestehenden – Schlafproblemen wird er Schlafmittel nur dann verordnen, wenn die Einnahme von verhaltenstherapeutischen Maßnahmen und einer Verbesserung der Schlafhygiene begleitet wird.
Über die Details und insbesondere die Dauer der Einnahme gehen die Meinungen weit auseinander. Die Deutsche Gesellschaft für Schlafmedizin empfiehlt zunächst eine Verordnung von Schlafmitteln über zwei Wochen. Bessert sich die Schlafstörung, tritt aber nach korrektem Absetzen unverändert wieder auf, ist eine zweite Zwei-Wochen-Periode der Therapie zulässig. Besteht die Schlafstörung nach erneutem Absetzen weiter, ist davon auszugehen, dass keine Aussicht auf einen Erfolg durch die bisher verordneten Medikamente besteht. Jetzt muss die Diagnostik überprüft werden. Der Arzt wird verhaltenstherapeutische Verfahren einleiten, die Schlafhygiene verbessern helfen oder Medikamente anderer Substanzklassen verordnen.
Aktuelle Studien ergaben allerdings, dass Schlaftabletten das Sterberisiko erhöhen können – selbst in niedriger Dosierung. Bei Betroffenen, die etwa 18 Dosen im Jahr nehmen, erhöht sich das Risiko, an Krebs oder anderen Leiden zu erkranken, um mehr als das Dreifache. Bei 130 Dosen ist es sogar fünfmal so hoch.
Sind verhaltenstherapeutische Verfahren nicht möglich oder erweisen sich als ineffektiv, kann eine Abendmedikation mit Benzodiazepinen unter bestimmten Bedingungen durch einen schlafmedizinisch qualifizierten Arzt verordnet werden, wenn andernfalls eine erhebliche Tagesbeeinträchtigung durch die Folgen der Schlafstörung besteht. Die Verordnung sollte alle zwei Wochen überprüft werden. Nach 3, spätestens 6, Monaten unergiebiger Behandlung sollte die Behandlung abgebrochen und der Patient an ein Schlaflabor überwiesen werden
Sondertext: Schlafmittel
Statt der festen Verordnung eines Medikaments kann der Arzt dem Patienten auch eine Bedarfstherapie vorschlagen. In diesem Fall nimmt der Patient das Schlafmittel nur dann, wenn er es wirklich benötigt. Dies ist angemessen, wenn die Schlafstörungen nur gelegentlich auftreten (z. B. immer vor Dienstreisen mit dem Flugzeug) und/oder wenn vorhersehbar ist, dass die Schlafstörung von selbst vorübergeht (z. B. Trauerphase, Hausbau). Der Patient muss also selbst entscheiden, wann er medikamentöse Hilfe braucht. Allerdings besteht hierbei die Gefahr, dass der Patient „lernt“, bestimmte Situationen nur noch mit Hilfe eines Medikaments zu bewältigen und damit das Vertrauen in seine eigenen Kräfte verliert.
Eine weitere Alternative ist die Intervalltherapie. Entweder erhält der Patient sein Medikament in einem festen Rhythmus (z. B. jede dritte Nacht) oder bei vorher vereinbarten Anlässen (z. B. bei Schichtarbeitern zum Ende der Nachtschichten). Diese Form der Medikamentenverordnung ist auf längere Sicht besonders vielversprechend, wenn der Patient parallel verhaltenstherapeutisch geschult wird.
Verhaltenstherapeutische Schlaftherapie. Verhaltensmedizinische Maßnahmen sind bei Schlafstörungen – auch bei solchen, die eine andere Krankheit als Ursache haben – inzwischen die Therapie der ersten Wahl. In vielen Städten gibt es mittlerweile schlaftherapeutische Angebote, die auf der Verhaltenstherapie aufbauen. Zu deren Techniken gehören:
- Stimuluskontrolle. Die Funktion von Bett und Schlafzimmer wird optimiert, indem schlafstörende Verhaltensweisen ausgeschaltet und schlaffördernde eingeübt werden. Dazu gehört, dass das Bett nur zum Schlafen benutzt werden darf. Andere Tätigkeiten, wie Arbeiten, Lesen oder Entspannen (mit Ausnahme von Sex) sind im Bett „verboten“ und müssen an anderen Orten der Wohnung ausgeführt werden.
- Schlafrestriktion. Die Schlafqualität wird verbessert, indem durch eine Begrenzung der Zeitspanne, die der Betroffene im Bett liegend verbringen darf, die Müdigkeit erhöht wird und damit angestrengte Einschlafversuche unterbleiben. Diese Technik eignet sich im Übrigen auch gut zur Selbsttherapie, erfordert aber hohe Disziplin.
- Paradoxe Intention. Durch die Aufforderung bzw. die bewusste Absicht, wach zu bleiben, werden erfolglose Einschlafversuche verhindert; der Einschlafvorgang ist damit weniger angstbesetzt.
- Kognitive Techniken. Schlafängste werden vermindert durch die Konzentration auf beruhigende Gedankenbilder und die Unterbrechung schlafstörenden Grübelns und Gedankenkreisens.
Bei hartnäckigen Schlafproblemen sollten Sie, wenn verfügbar, solche Angebote ausprobieren, auch wenn die Krankenkassen die Kosten in der Regel nicht übernehmen.
Selbsthilfe
Das Einmaleins der Schlafhygiene
Bei kaum einer chronischen Erkrankung ist der Betroffene so sehr „Wissenschaftler in eigener Sache“ wie bei der Schlafstörung. Die folgenden Tipps und Regeln geben die schlafmedizinisch etablierten Elemente der modernen Schlafhygiene wieder. Was für Sie am wirkungsvollsten ist und was Sie als Erstes versuchen sollten, müssen Sie selbst herausfinden. Sinnvoll ist es jedoch, an mehreren Punkten gleichzeitig anzusetzen.
Taktgeber nutzen. Regelmäßige Schlafzeiten einzuhalten ist besonders hilfreich. Dabei sollten Sie vor allem äußere Taktgeber, wie das Sonnenlicht, Spaziergänge am Abend aber auch regelmäßige Sozialkontakte, wenn sie nicht psychisch belasten, ausnutzen.
Nachgewiesen ist, dass körperliche Aktivität während des Tages (nicht jedoch am Abend) den Nachtschlaf fördert, während Passivität und Bewegungslosigkeit die Schlafqualität negativ beeinflussen
Essen. Empfohlen wird, das Abendessen möglichst am frühen Abend einzunehmen und leicht verdauliche Speisen zu bevorzugen. Mit vollem Bauch schläft man schlecht. Aber auch hungrig sollte man nicht zu Bett gehen. In der ärztlichen Praxis spielt der Faktor Essen nur eine untergeordnete Rolle, weil die meisten Menschen ihren Lebensrhythmus bereits entsprechend eingestellt haben. Nur Menschen, die aus beruflichen Gründen abends essen müssen, etwa auf Dienstreisen, können dies als problematisch empfinden.
Auch mit den Genussmitteln Alkohol und Koffein wissen die meisten Menschen richtig umzugehen. So ist Koffein – etwa in Form einer Tasse Kaffee als Abschluss der Mahlzeit – für manche ein echter „Schlafkiller“. Menschen, die diese Erfahrung bei sich bereits gemacht haben, werden im Normalfall darauf verzichten.
Auch der Genuss von frisch gegorenem Bier oder Sekt lässt manche Menschen unruhig schlafen, während ein Glas Rotwein meist keine Probleme bereitet. Wer sich nicht sicher ist, was ihm schadet, muss durch konsequentes Weglassen selbst herausfinden, ob nicht doch eine der Ess- oder Trinkgewohnheiten den Schlaf stört. Diese Versuche sollten mindestens eine Woche lang durchgehalten werden.
Zuviel Alkohol wirkt sich grundsätzlich ungünstig auf den Schlaf aus und bewirkt, dass man vorzeitig wieder erwacht.
Zur Ruhe kommen. Normalerweise denkt man eher selten darüber nach, wie man Entspannung findet, denn man entspannt sich ganz einfach von selbst. Wem das jedoch nicht mehr gelingt, der kann Entspannung lernen. Wichtig ist dabei, alle Gedanken an Dinge, die einen beunruhigen, auszuschalten. Manchmal hilft es schon, zum Einschlafen einer schönen Musik ganz bewusst zuzuhören. Dabei stellt man die Lautstärke am besten so niedrig, dass man genau hinhören muss. Auch Hörbücher sind zu diesem Zweck geeignet. Häufig lassen sich negative Gedanken mit Atemübungen wirkungsvoll vertreiben. Konzentrieren Sie sich auf die eigene Atmung, indem Sie eine Hand auf den Bauch legen und dem Ein- und Ausatmen nachspüren. Beim Einatmen sollte sich der Bauch heben, beim Ausatmen sprechen Sie ein leises „Ssssss“ und beobachten, wie der Bauch sich senkt. Auch bei den aus China stammenden Entspannungstechniken wie Qi Gong und Tai Chi dienen Atemübungen dazu, innere Ruhe zu finden.
Eine alte, aber dennoch ganz wirksame Methode, zur Ruhe zu kommen ist das Baden: Ein warmes Vollbad mit Melisse oder anderem Badezusatz kann das Einschlafen wirksam fördern (mehr zu Vollbädern). Bestehen Wadenschmerzen oder andere Schmerzsyndrome, sind kühle Wadenwickel oder Abwaschungen möglicherweise die bessere Wahl.
Eine weitere wirkungsvolle Methode, Schlafstörungen in den Griff zu bekommen, ist das Autogene Training, eine Art Selbstsuggestion, die dabei hilft, sich besser zu entspannen. Wenn Sie die Methode noch nicht beherrschen, können Ihnen Ratgeberbücher oder Kurse (wie sie z. B. von Volkshochschulen angeboten werden) behilflich sein, diese zu lernen.
Die Biofeedback-Methode zur Entspannung ist für Menschen ideal, die eine Vorliebe für Technik haben. Während Sie unter Anleitung entspannen, werden durch angeschlossene Elektroden Entspannung und Anspannung gemessen und auf einem Bildschirm sichtbar gemacht.
Auch in unserem Kulturkreis ist mittlerweile die Meditation als Weg bekannt, um Entspannung und innere Ruhe zu finden. In der indischen Kultur ist sie, neben körperlichen Übungen, wichtiger Bestandteil verschiedener Yoga-Richtungen. Meditation sollte unter Anleitung geübt werden; wenn man die wesentlichen Grundzüge beherrscht, kann man jedoch fast überall und jederzeit meditieren.
Das Prinzip der Progressiven Muskelrelaxation nach Jacobson (PMR) beruht darauf, dass man sich ganz bewusst auf die Entspannung und Anspannung der einzelnen Muskelgruppen konzentriert, angefangen bei den Händen über Arme, Nacken und Schultern usw., bis hin zu den Füßen. Auch diese Methode lernt man am besten in eigens angebotenen Kursen. Später kann das Gelernte mithilfe einer CD oder DVD allein ausgeführt werden.
Alle Entspannungstechniken wirken bei richtiger Ausführung, indem sie das Aktivitätsniveau des Gehirns herabsetzen. Dieses Herunterschalten des Gehirns lässt sich im EEG verfolgen: Wer seine Entspannungstechnik beherrscht, kann quasi auf Knopfdruck z. B. den Anteil langsamerer Alpha-Wellen steigern. Entscheidend ist deshalb nicht, welches Verfahren Sie für sich wählen, wichtig ist vielmehr, dass Sie die Methode, für die Sie sich entschieden haben, auch wirklich in Ihren Alltag integrieren.
Stressursachen abbauen. Die Entspannungsfähigkeit zu fördern ist eine der Möglichkeiten, um Schlafstörungen zu verhindern. Ebenso nützlich ist jedoch, schon im Vorfeld zu vermeiden, dass man regelmäßig in Situationen großer Anspannung gerät.
Konflikte lösen. Dass ein gutes Gewissen das beste Ruhekissen ist, ist eine altbekannte Weisheit. Prüfen Sie also, ob Sie wirklich alles getan haben, um schwelende Konflikte aus Ihrem Leben zu verbannen. Gehen Sie dazu die Themen durch, die Ihnen nachts beim Grübeln immer wieder in den Sinn kommen. Manche Experten raten auch zur tiefenpsychologisch orientierten Psychotherapie, wenn gravierende Konflikte Ursache von Schlafstörungen sind. Ob diese aber besser wirkt als eine verhaltenstherapeutische Schlaftherapie, ist unklar. Im akuten Stadium der Psychotherapie können sich Schlafstörungen sogar zunächst verschlimmern.
Schlafrituale. Jeden Abend bestimmte Rituale einzuhalten, ist wohltuend und schlaffördernd. Das kann ein Spaziergang, eine Tasse Kräutertee als „Betthupferl“ oder auch ein kleines Glas eines alkoholischen Getränks sein.
Unmittelbar vor dem Einschlafen haben sowohl für Kinder als auch für Erwachsene Gute-Nacht-Geschichten, für Letztere in Form eines Buchs, einen beruhigenden, schlaffördernden Effekt. Für gläubige Menschen gehört meist ein Gutenacht-Gebet zu den Ritualen. Fernsehen dagegen ist im Allgemeinen eher ungünstig.
Nicht zuletzt ist die Zeit vor dem Einschlafen auch die beliebteste Zeit für Zärtlichkeiten und Geschlechtsverkehr, deren schlaffördernde Wirkung unumstritten ist.
Schlafzimmer. Das Schlafzimmer spielt eine besondere Rolle für den erholsamen Schlaf. In erster Linie sollten Sie sich in Ihrem Schlafzimmer wohl fühlen, und es sollte eine ruhige, entspannende Atmosphäre haben. Es darf zwar kühl, aber nicht kalt und ungemütlich sein. Ideal ist es, wenn ein kleines Ostfenster das Morgenlicht hereinlässt, andererseits aber während der Nacht keine Licht- und Geräuschquellen den Schlaf zu unterbrechen drohen.
Ein wichtiger Stressfaktor für den Nachtschlaf ist Lärm. Wenn sich der Außenlärm nicht reduzieren lässt, hilft es, sich an die Benutzung von Ohrstöpseln aus Wachs (Ohropax®) oder Schaumgummi zu gewöhnen. Manche Menschen schlafen auch gut mit einem zweiten kleineren Kissen, das sie auf dem freiliegenden Ohr platzieren.
Sind diese Maßnahmen nicht ausreichend, sollte der Einbau von Lärmschutzfenstern erwogen werden, deren positiver Effekt oft verblüffend ist. Wenn diese Möglichkeit nicht zur Wahl steht, bleibt in extremen Fällen (und wenn die finanziellen Mittel dies zulassen) nur ein Wohnungswechsel, denn die Lärmempfindlichkeit nimmt mit dem Alter zu.
Allein oder zu zweit. Wenn Ihr Partner schnarcht oder wenn es Sie nervös macht, dass er schläft, während Sie schlaflos sind, dann sollten Sie überlegen, ob es nicht besser ist, (vorübergehend) alleine zu schlafen.
Temperatur. Während beim Einschlafen Wärme förderlich ist und Frieren das Einschlafen stark behindert, ist beim Durchschlafen das Gegenteil der Fall: Hier wird nämlich der Wärmestau unter der Bettdecke zum Problem. Die thermischen Anforderungen sind also widersprüchlich.
Die meisten Menschen lösen diesen Konflikt, indem sie die fehlende „Einschlafwärme“ mit Hilfe von Bettsocken, Wärmekissen oder einer Wärmflasche herbeiführen. In der Apotheke oder im Sanitätshaus sind auch große Kompressen erhältlich, die im Wasserbad erwärmt werden und eine lang anhaltende Wärmewirkung haben. Wenn Sie eine dieser Methoden anwenden, kann die Raumtemperatur in Ihrem Schlafzimmer eher niedrig sein. Prinzipiell sollte im Schlafzimmer eine deutlich niedrigere Temperatur als in der übrigen Wohnung herrschen. Dies ist empfehlenswert, denn der Körper muss in der Nacht „runterschalten“ können. Dies entspricht nicht zuletzt dem Rhythmus der Natur mit einer nächtlichen Absenkung der Lufttemperatur von 5 bis über 10 °C. Viele Menschen verzichten völlig auf eine Beheizung ihres Schlafzimmers und benutzen im Winter stattdessen besonders wärmende Bettwäsche oder Daunendecken.
Das Bett. Auch das Bett, die gewählte Matratze und die Bettwäsche spielen eine wichtige Rolle bei der Schlafqualität. Folgendes sollte bedacht werden:
- Die Matratze sollte weder zu weich noch zu hart sein. Es gibt inzwischen auch Matratzen mit unterschiedlichen Härtezonen, wodurch besonders im Schulterbereich eine weichere Federung erreicht wird. Taschenfederkernmatratzen sind atmungsaktiver als Latexmatratzen und führen die vor allem am Ende der Nacht entstehende Wärme besser ab.
- Für die Oberbetten gilt: Synthetische Bettdecken sind für Allergiker von Vorteil, begünstigen aber einen Wärmestau eher als solche aus Naturmaterialien. Im Winter Daunen und im Sommer Wildseide oder anderen Naturmaterialien sind also für Nichtallergiker die bessere Wahl.
- Ein häufig vernachlässigter Faktor ist schließlich das Kissen: Die traditionelle Form und Standardgröße (80 x 80 cm) ist eher ungünstig, weil das Kissen beim Schlafen leicht verrutscht und außerdem die gewünschte Kopferhöhung oft zu gering ausfällt. Dadurch werden Schmerzen in der Halswirbelsäule begünstigt. Im Handel gibt es deshalb eine Vielzahl von Gesundheitskissen, die Sie ausprobieren sollten.
In der Alternativmedizin gehen die Anforderungen noch erheblich weiter. Die Feng-Shui-Lehre fordert eine harmonische Raumaufteilung; eine ungünstige Position des Betts kann demnach Schlafprobleme verursachen. Andere Therapierichtungen sehen unter dem Bett verlaufende Wasseradern als Problemverursacher; wieder andere warnen vor Elektrosmog. Letztere legen großen Wert darauf, dass keine stromführenden Leitungen in der Nähe des Betts verlaufen und vermeiden sogar jede Art von Metall im Bettgestell und in der Matratze. Auch wenn derlei scheinbar ursächliche Zusammenhänge manchmal erstaunlich plausibel klingen – ihren Wahrheitsgehalt hat keine dieser Hypothesen bisher nachweisen können.
Nächtliches Wasserlassen. Patienten, bei denen nächtliches Wasserlassen (Nykturie) neu auftritt, sollten unbedingt einen Arzt aufsuchen. In Zusammenhang mit Ödemen ist das ein Hinweis auf eine schwere Erkrankung, z. B. Herzerkrankung, Eiweißmangel, Lebererkrankung oder Nierenerkrankung, die behandelt werden muss.
Auch ohne schwere Erkrankung sind manchmal Toilettengänge nachts unumgänglich. Wer sie vermeiden will, sollte nach 18 Uhr nur noch wenig trinken. Liegt keine schwere Erkrankung zugrunde, kann die Nykturie selbst medikamentös behandelt werden, etwa mit Desmopressin (Nocdurna®). Zu beachten sind hier die geschlechtsspezifischen Dosierungen. Vorsichtig ist insbesondere geboten für Patienten über 65 Jahren. Diese Altersgruppe besitzt unter Desmopressin-Einnahme ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Hyponatriämie (Natriummangel) mit Beschwerden wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Gewichtszunahme oder Krämpfen.
Harntreibende Medikamente (Diuretika) ebenso wie harntreibende Kräutertees (Blasen- und Nierentee oder Tee aus Brennnessel, Goldrute, Schachtelhalm oder Bärentraubenblättern) sollten in Absprache mit dem Arzt möglichst nicht abends eingenommen bzw. getrunken werden. Auch frische Früchte (besonders Birnen, Pfirsiche, Trauben) wirken harntreibend und sollten nicht in größeren Mengen vor dem Zubettgehen gegessen werden.
Grübeln. Ein verbreiteter Störfaktor des erholsamen Schlafs ist das „Grübel-Übel“. Gedanken und Sorgen, die im Kopf kreisen, lassen sich einfach nicht vertreiben. Wenn es irgend möglich ist, versuchen Sie, das Kreisen der Gedanken radikal abzubrechen. Die Vorschläge mancher Ratgeber, nur an schöne Dinge zu denken oder Schäfchen zu zählen, helfen in der Praxis meist wenig oder gar nicht. Den für Sie besten Weg, kreisende Gedanken abzubrechen, müssen Sie also selbst finden.
Mitunter ist dauerhaftes, nicht unterdrückbares Grübeln auch ein Hinweis auf eine Depression, die medikamentös behandelt werden sollte.
- Manchen Menschen hilft es, kurz aufzustehen, in Ruhe etwas Warmes zu trinken und sich dann bald wieder hinzulegen.
- Andere finden einen Schluck Wasser ausreichend. Wenn bereits ein Glas Wasser auf dem Nachttisch steht, vermeidet man, durch das Aufstehen den Kreislauf wieder anzukurbeln.
- Wenn ein Thema gar nicht aus dem Kopf zu vertreiben ist, kann es helfen, einen Zettel und einen Stift am Bett bereit zu haben und sich kurze Notizen zu machen. Noch besser ist es, wenn Sie zum Aufschreiben der Gedanken einen Platz außerhalb des Betts aufsuchen. Damit signalisieren Sie sich selbst, dass die Probleme im Bett „nichts zu suchen haben“.
- Oft kann auch das Lesen eines spannenden Buchs oder eines interessanten Zeitungsartikels vom Grübeln ablenken.
- Menschen, die darunter leiden, dass sie Lebenspartner, ein Kind oder Elternteil verloren haben, tut es gut, wenn sie gedanklich ein Zwiegespräch mit dem geliebten Menschen führen.
Komplementärmedizin
In kaum einem anderen Bereich der Medizin verlaufen die Grenzen zwischen alternativen und schulmedizinischen Therapiemethoden so fließend wie in der Schlafmedizin. So zählen die oben unter Selbsthilfe besprochenen entspannungsfördernden Therapien bei anderen Krankheiten durchaus zu den Alternativverfahren – während sie in der Schlafmedizin schon zu Kernbausteinen der „schulmedizinischen“ Therapie geworden sind. So sind phytotherapeutische Schlafmittel in der hausärztlichen Praxis fest etabliert. Eine weitere Variante ist die Aromatherapie. Dabei werden vor dem Zubettgehen ein paar Tropfen Bitterorangenöl in die Schale einer Duftlampe geträufelt. Auch Lavendel- oder Kamillenöl können durch ihren Geruch beruhigend wirken.
Methoden wie Akupunktur oder Homöopathie spielen in der Praxis der Schlafmedizin nur eine geringe Rolle.
Das Hormon Melatonin wird vielfach – auch im Internet – als natürliches Medikament für einen besseren Schlaf beworben. Wissenschaftliche Studien sprechen der isolierten Einnahme allerdings kaum einen Nutzen zu
- Bei primären Schlafstörungen lässt sich durch die Einnahme des Medikaments die Einschlafdauer zwar um etwa zehn Minuten verkürzen; die Schlafqualität und auch die Schlafdauer bleiben dabei aber unbeeinflusst.
- Bei durch Schichtarbeit oder Jetlag bedingten Schlafstörungen erhöht Melatonin zwar die Schlafdauer; allerdings wird auch hier die Schlafqualität nicht verbessert.
- Bei allen sekundären Schlafstörungen ist Melatonin wirkungslos.
Weiterführende Informationen
- www.leitlinien.net – Über die Rubrik Leitlinien-Startseite, dann Nicht aktualisierte Leitlinien, Register-Gruppe 063 gelangen Sie zur Leitlinie für Diagnostik und Therapie des nicht erholsamen Schlafs der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM). Auch wenn es hier als nicht mehr aktuell geführt wird, so ist es doch das ausführlichste Dokument in deutscher Sprache. Sehr umfassende Informationen, leider nicht sehr laienfreundlich formuliert.
- www.schlafgestoert.de – Eine der wenigen Internetseiten zum Thema, die uneingeschränkt empfohlen werden kann, betrieben von drei Schlafmedizinern aus Münster. Dort finden sich viele Links, weitergehende Quellen und ein Schlafprotokoll zum Herunterladen.
- J. Zulley: Mein Buch vom guten Schlaf. Zabert Sandmann, 2005. Richtig schlafen kann man lernen – das ist die Grundthese des Autors, der als Schlafforscher bekannt ist.
- Stiftung Warentest (Hrsg.): Fit durch gesunden Schlaf. Guter und ausgewogener Überblick zum Thema, auch wenn der Ratgeber bereits 1994 erschienen ist.
Bei nächtlichem Wachliegen und Grübeln können bestimmte kognitive Techniken helfen, wieder einzuschlafen.
So findet man zu gutem Schlaf
Wenn die Nacht zur Qual wird
Schlafprobleme – wer kennt das nicht? Kommen sie nur sporadisch vor, kann man das ganz gut verkraften. Doch was tun, wenn man wochenlang nicht zügig ein- oder durchschläft oder schon vor dem Morgengrauen erwacht? Neben der Schlafhygiene sind verhaltenstherapeutische Maßnahmen wie Stimuluskontrolle oder der Gedankenstuhl effektiv. Kurzzeitig können auch Medikamente helfen.
Viel zu viele schlafen schlecht
Gelegentlich schlecht zu schlafen ist ganz normal. Ob Stress durch Prüfungen oder private Probleme, wechselnde Lebensumstände oder ungünstige Schlafumgebung – solche Faktoren können dazu führen, dass man schlechter einschläft, nachts häufiger aufwacht und sich morgens wie gerädert fühlt. Vorübergehenden Schlafprobleme sind aber in der Regel harmlos. Und weit verbreitet: In einer Untersuchung des Robert Koch-Instituts leiden etwa 30% der Erwachsenen mehr als drei Mal pro Woche an Ein- und/oder Durchschlafstörungen.
Von einer krankhaften Schlafstörung (medizinisch Insomnie genannt) spricht man, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:
- Ein- und/oder Durchschlafstörungen oder zu frühes morgendliches Erwachen an mindestens drei Nächten pro Woche über mindestens einen Monat (oder drei Monate, je nach Definition).
- Die Betroffene schläft zu wenig, obwohl ausreichend Gelegenheit für Schlaf besteht.
- Der fehlende Schlaf beruht nicht auf einer begleitenden Erkrankung, der Einnahme von Medikamenten oder dem Konsum von Drogen.
Auch die Insomnie ist in Deutschland nicht selten. Immerhin sollen 6% der Erwachsenen darunter leiden, das sind ungefähr 4,2 Millionen Menschen.
Schlafmangel und Schlafstörungen beeinflussen nicht nur die Lebensqualität. Sie können erhebliche Folgen für die Gesundheit haben. In zahlreichen Studien wurde gezeigt, dass ein Zusammenhang mit Übergewicht, Diabetes, Depressionen, Bluthochdruck, Herzerkrankungen und Schlaganfall besteht. Zudem gibt es Hinweise, dass zu wenig Schlaf mit einem erhöhten Risiko für Demenz verbunden ist.
Hinweis: Frauen leiden häufiger unter Schlafstörungen als Männer. Das liegt unter anderem an biologischen Unterschieden. Der Schlaf von Frauen ist störanfälliger, d.h. sie wachen durch äußere Reize leichter auf. Zudem sind sie stärker von hormonellen Schwankungen betroffen.
Auf der Suche nach möglichen Ursachen
Schlafstörungen entstehen durch ein komplexes Zusammenspiel verschiedener äußerer und innerer Faktoren. Fachleute gehen davon aus, dass es eine genetische Veranlagung gibt. Leiden direkte Verwandte an einer Insomnie, steigt die eigene Erkrankungswahrscheinlichkeit um 40%.
Die angeborene Anfälligkeit verändert neurobiologische Prozesse. So sind z. B. gleichzeitig wach- und schlaffördernde Bereiche im Gehirn aktiv. Verschiedene Faktoren beeinflussen diese Vorgänge zusätzlich. Dazu gehören einerseits stressige Ereignisse, aber auch ein erhöhtes Alter und Begleiterkrankungen.
Die veränderten neurobiologischen Prozesse werden dann durch Grübeln, vermehrte Sorge um den Schlaf und die fehlende Erholung weiter verstärkt. Es kommt zu einem Teufelskreis, in dem sich die Schlafstörung selbstständig macht und im schlimmsten Fall zur krankhaften Insomnie wird.
Wichtige Auslöser für Schlafstörungen sind zudem psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder Demenz. Manche Schlafstörungen haben auch eine körperliche Ursache. Sie werden organisch bedingte Schlafstörungen genannt und kommen z. B. beim Restless-Legs-Syndrom und beim Schlaf-Apnoe-Syndrom vor. Zudem stören viele chronische Erkrankungen den Schlaf, so z. B. Krebserkrankungen, chronische Herz- oder Nierenerkrankungen und die Multiple Sklerose.
Hinweis: Ein Risikofaktor für Schlafstörungen ist das Alter. Das liegt wahrscheinlich daran, dass die Schlafkontrollsysteme im Gehirn dann weniger gut funktionieren. Zusätzlich spielen auch die im Alter häufigeren Begleiterkrankungen eine Rolle.
Vom Schlaftagebuch bis zum Schlaflabor
Bei ausgeprägten Schlafstörungen sollten Betroffene immer in die Arztpraxis gehen. Dies ist wichtig, um mögliche Ursachen aufzuspüren, schwerwiegende Erkrankungen auszuschließen und eine gezielte Behandlung einzuleiten.
Basis der Untersuchung ist die Anamnese, also die Erhebung der Krankengeschichte. Die Ärzt*in fragt nach Art und Ausmaß der Schlafprobleme und ob der Schlafmangel die Tagesaktivität beeinträchtigt. Entscheidend ist dabei das subjektive Befinden der Betroffenen.
Empfehlenswert ist ein Schlaftagebuch, in dem morgens und abends kurze Protokolle zum Schlaf und zum Tag notiert werden. Es sollte über 7 bis 14 Tage hinweg geführt werden. Oft verwendet die Ärzt*in auch Fragebogentests, um den Schweregrad der Schlafstörung zu erfassen. Ein häufig eingesetztes Tool ist die Regensburg Insomnia Scale, die mithilfe von 10 Fragen emotionale und verhaltensbezogene Beschwerden wie Grübeln, Schlafangst und beeinträchtigte Tagesform erfasst.
Technische Untersuchungen sind bei der Diagnose einer Insomnie nur selten erforderlich. Die Messung der Aktivitäts- und Ruhephasen mittels Bewegungsmessern (Aktigraphie) kann Schlafenszeiten über längere Zeiträume erfassen, gilt aber als ungenauer als die Polysomnographie (siehe unten). Inzwischen ist auch bei vielen Smartwatches ein Bewegungsmesser integriert. Ein Nutzen für die Diagnose und die Verlaufsbeobachtung von Schlafstörungen ist für diese Applikationen ebenfalls nicht hinreichend belegt.
Anders sieht das mit der Polysomnographie im Schlaflabor aus. Diese aufwändige Methode ermöglicht es, Insomnien gut darzustellen, aber vor allem auch begleitende oder verursachende Störungen zu identifizieren. Eingesetzt wird das Verfahren, wenn sich eine Insomnie trotz Behandlung nicht bessert oder z. B. der Verdacht auf eine Schlafapnoe oder ein Restless-Legs-Syndrom besteht.
Bei der Diagnostik von Schlafstörungen müssen immer die Erkrankungen ausgeschlossen werden, die eine Insomnie auslösen oder verstärken können. Je nach Verdacht kommen dann Laboruntersuchungen, bildgebende Verfahren, EKG, EEG oder andere Methoden zum Einsatz.
Ganz wichtig ist auch die Frage nach Medikamenten, Alkohol- oder Drogenkonsum. Denn es gibt eine Vielzahl von Substanzen, die den Schlaf stören können. Dazu gehören neben Alkohol, stimulierenden Genussmitteln und illegalen Drogen (Koffein, Amphetamin) u.a. vor allem folgende Arzneimittel:
- Antidementiva wie Piracetam
- antriebssteigernde Antidepressiva wie manche SSRI
- Blutdruckmedikamente und Diuretika (harntreibende Medikamente)
- Asthmamedikamente wie Beta-Sympathomimetika
- Hormonpräparate, insbesondere Kortison und Thyroxin
Die Basis für einen guten Schlaf
Viele Regeln für einen guten Schlaf liegen auf der Hand. Die Leitlinien empfehlen, nach dem Mittagessen keine koffeinhaltigen Getränke zu konsumieren und auf Alkohol zu verzichten. Vor dem Zu-Bett-Gehen zu vermeiden sind
schwere Mahlzeiten
geistig und körperlich aktivierende Tätigkeiten wie aufregende Filme, schwierige Lektüre oder anstrengender Sport sowie
helles, aktivierendes Licht.
Hilfreich sind dagegen ein persönliches Einschlafritual und ein ruhiges, kühles und dunkles Schlafzimmer. Ganz wichtig: nachts nicht auf den Wecker oder die Armbanduhr schauen. Der Blick auf die Uhr löst oft Gedanken wie „Noch so wenig Zeit zum Schlafen“ aus und verstärkt dadurch den inneren Druck.
Wenn die genannten Basismaßnahmen den Schlaf nicht verbessern, empfehlen Expert*innen zunächst Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie. Dazu gehören neben Verfahren zur Entspannung die Stimuluskontrolle, die Schlafrestriktion und kognitive Techniken.
Zu den häufig eingesetzten Entspannungsmethoden gehören die progressive Muskelrelaxation, Phantasiereisen und Achtsamkeitsübungen. Sie alle können dabei helfen, den Schlaf anzustoßen.
Die sogenannten Stimuluskontrolle beruht darauf, dass sich viele Patient*innen im Verlauf ihrer Schlafprobleme selbst klassisch konditioniert haben. Das bedeutet, dass ihr Unterbewusstsein die Schlafumgebung automatisch mit dem Wachsein verknüpft. Ziel der Stimuluskontrolle ist, diese Verknüpfung wieder zu löschen, indem so wenig Zeit wie möglich wach im Bett verbracht wird. Die Instruktionen lauten folgendermaßen:
- Nur zu Bett gehen, wenn man müde ist.
- Das Bett nur zum Schlafen und für Sex benutzen. Nicht darin Lesen, Trinken, Rauchen oder Fernsehen.
- Ist man nach 15 Minuten nicht eingeschlafen, wieder aufstehen und einer angenehmen Tätigkeit nachgehen. Dann erst wieder ins Bett, wenn man müde ist. Kann man immer noch nicht einschlafen, den Vorgang wiederholen.
- Jeden Morgen zur gleichen Zeit aufstehen.
- Tagsüber nicht hinlegen.
Auch die Bettzeitrestriktion kann den Schlaf verbessern. Die Idee dabei ist, durch den verkürzten Schlaf und die verlängerte Tagesaktivität den Schlafdruck zu erhöhen. Dadurch soll der Anteil des Tiefschlafs steigen und das Ein- und Durchschlafen verbessert werden. Ist dies gelungen, kann die Schlafenszeit wieder ausgedehnt werden. Für die Bettzeitrestriktion wird zunächst mittels Tagebuch über sieben Tage hinweg die durchschnittliche Schlafdauer ermittelt. Diese legt man anschließend für eine Woche als Bettzeit fest (allerdings nie weniger als 4,5 h). Je nachdem, wie sich dadurch die Schlafdauer verändert, wird die Bettzeit entsprechend angepasst.
Mittels Verhaltenstherapie können Betroffene auch kognitive Techniken zur Verbesserung des Schlafs erlernen. Diese zielen insbesondere auf das Grübeln ab. Eine Methode ist der Gedankenstuhl. Dabei setzt man sich einige Zeit vor dem Zubettgehen für 15 bis 20 Minuten auf einen Stuhl, um bewusst und zielorientiert über Probleme und Sorgen nachzudenken. Steht man danach auf, sollten die Gedanken auf dem Stuhl zurückbleiben und nicht mit ins Bett genommen werden. Eine andere Technik ist das Hinterfragen nutzloser Überzeugungen im sokratischen Dialog, also anhand kritischer Fragen. Manche Therapeut*innen empfehlen auch die „paradoxe Intention“. Nach dieser Methode der Psychotherapie soll man das, wovor man Angst hat, übertreiben. Das hilft oft, entspannter zu werden. Die Betroffenen sollen demnach im Bett so lange wie möglich wach bleiben, damit sich der Schlaf leichter einstellt.
Tipp: Apps oder bestimmte Musik können beim Einschlafen helfen. So z. B. das achtstündige, vom Komponisten Max Richter und Neurowissenschaftlern entwickelte Werk „Sleep“. Manche Menschen bevorzugen Apps mit Naturgeräuschen oder Herzschlag, um das Einschlafen zu fördern.
Wann kommen Medikamente ins Spiel? Reichen die genannten Maßnahmen nicht aus, gibt es gegen die Schlafstörungen auch Medikamente. Sie alle dürfen nur nach ärztlicher Verordnung und unter ärztlicher Kontrolle eingesetzt werden, da Nebenwirkungen, Abhängigkeit und Rebound-Phänomene drohen. Letzteres bedeutet, dass nach dem Absetzen der Schlafmittel die ursprünglichen Schlafstörungen verstärkt zurückkehren.
Benzodiazepine sind für die Kurzzeittherapie (unter vier Wochen!) geeignet. Als Nebenwirkungen drohen Benommenheit, Sturzgefahr, Gedächtnisstörungen und Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit, außerdem können sie den Atemantrieb dämpfen. Die Risiken sind insbesondere bei älteren Menschen erhöht. Weil Benzodiazepine schnell abhängig machen, darf man sie nur kurzzeitig einnehmen.
Z-Substanzen wie Zolpidem oder Zopiclon binden wie Benzodiazepine an den Benzodiazepinrezeptor im Gehirn und wirken daher ähnlich. Sie sind schnell wirksam, dürfen aber ebenfalls nur maximal vier Wochen eingesetzt werden. Bei ihnen kommt es zu ähnlichen Nebenwirkungen wie bei den Benzodiazepinen, zusätzlich sind Geschmacksstörungen und Schlafwandeln möglich. Von einer Langzeittherapie mit Z-Substanzen raten die Leitlinien ebenfalls ab.
Auch sedierende Antidepressiva werden häufig gegen Schlafstörungen verordnet. Ob die gegen Depressionen zugelassenen Medikamente auch bei Insomnie helfen, ist allerdings noch nicht sicher nachgewiesen. Doxepin und Trazodon scheinen zu helfen, haben aber Nebenwirkungen. Typisch sind Gewichtszunahme, Mundtrockenheit, Tagesmüdigkeit und, vor allem bei Älteren, Verwirrtheit. Für die Langzeitbehandlung werden sie nicht empfohlen, es sei denn, die Schlafstörungen stehen im Zusammenhang mit einer behandlungsbedürftigen Depression.
Melatonin ist für die Kurzzeitbehandlung bei Patient*innen über 55 Jahren zugelassen. Die stärksten Effekte zeigen sich auf die Einschlaflatenz, d.h. auf die Dauer bis zum Einschlafen. Mögliche unerwünschte Wirkungen sind Kopfschmerzen, Schwindel und Übelkeit. Aufgrund noch fehlender Daten wird Melatonin von vielen Expert*innen nicht für die Langzeitbehandlung empfohlen. Melatoninhaltige Präparate sollten ausschließlich in der Apotheke und nicht im Internet erworben werden. Nur so ist gewährleistet, dass die Produkte kontrolliert und geprüft sind und kein Gesundheitsrisiko darstellen.
Orexin-Rezeptor-Antagonisten sind neu auf dem Markt, der erste Vertreter wurde 2022 in Deutschland zugelassen. Sie fördern den Schlaf und verringern die subjektiv empfundene Tagesschläfrigkeit. Unklar ist, wie sie auf Ein- und Durchschlafprobleme wirken. Sie sollen langfristig verträglich sein, als Nebenwirkung wird u.a. Kopfschmerzen genannt. Angesichts der noch fehlenden Langzeitdaten sind die Leitlinien zurückhaltend mit ihrer Empfehlung.
Vor allem bei alten Menschen werden zur Behandlung von Schlafstörungen auch Antipsychotika wie Melperon und Pipamperon angewendet. Gute Studien liegen jedoch nicht vor, weshalb davon eher abgeraten wird. Ähnlich sieht es aus mit sedierenden, oft rezeptfrei erhältlichen Antihistaminika (Diphenhydramin, Doxylamin). Aufgrund der geringen Effektivität und der schnellen Toleranzentwicklung sieht die Leitlinie auch für sie keinen generellen Platz in der Insomniebehandlung.
Pflanzliches, Bewegung und Licht
Auch aus dem Bereich der Pflanzenmedizin stammen einige Präparate, die gegen Schlafstörungen helfen sollen. Laut derzeitiger Datenlage ist die Wirkung allerdings nicht klar belegt. Einige Studien zu Baldrian, Hopfen, Passionsblume und Melisse zeigen zwar zum Teil positive Effekte bei leichten bis mittleren Schlafstörungen. Die Qualität der meisten Untersuchungen und damit ihre Aussagekraft ist allerdings gering.
Die aktuelle deutsche Leitlinie zur Behandlung der Insomnie rät deshalb von pflanzlichen Präparaten ab. Etwas anders sieht das die European Medicines Agency EMA: Sie bewertet Baldrian als „bewährt“ und Passionsblume als „traditionell“. Dies anerkennt die jahrzehntelange sichere Anwendung, bedeutet aber ebenfalls nicht, dass eine fundierte wissenschaftliche Wirkung nachgewiesen ist.
Effektiver als die Pflanzenmedizin scheinen laut Expert*innen drei weitere nichtmedizinische Methoden zu sein:
- Bewegungstherapie: Regelmäßige körperliche Aktivität verbessert die Schlafqualität, weil sie den Schlaf-Wach-Rhythmus stärkt, Stress abbaut und die Produktion schlaffördernder Hormone wie Melatonin unterstützt. Intensiv bewegen sollte man sich aber nur bis 4 bis 8 Stunden vor dem Schlafengehen, da sich sonst das Einschlafen verzögern kann.
- Lichttherapie: Sie hilft bei Schlafstörungen, indem sie die innere Uhr (den zirkadianen Rhythmus) steuert und so das Einschlafen und Aufwachen reguliert. Dabei wird der Körper morgens durch helles künstliches Licht angeregt, die Melatoninproduktion zu kontrollieren. Die Methode wirkt besonders unterstützend bei Jetlag, Schichtarbeit und saisonalen Schlafproblemen.
- Künstlerische Therapien: Musiktherapie, therapeutisches Malen oder Tanztherapie fördern die Entspannung, vermindern Stress und emotionale Spannungen und können dadurch indirekt das Einschlafen erleichtern. Sie werden deshalb oft ergänzend zu anderen Behandlungen empfohlen.
Hinweis: Methoden gegen Schlafstörungen gibt es unzählige. Viele der angebotenen Optionen sind jedoch nicht effektiv. Abgeraten wird in den aktuellen Leitlinien z. B. davon, Insomnien mit Aromatherapie, Akupunktur, Fußreflexzonenmassage oder Homöopathie zu behandeln.
Quellen: Leitlinie „Insomnie bei Erwachsenen“ - Update 2025, (AWMF-Registernummer 063-003), Version 2.0,

